Fakultäten ringen um ihre Zukunft

Katholische Theologie in der Krise: Studierendenzahl bricht ein

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Die katholische Theologie steckt in der Krise. Der Nachwuchs fehlt nicht nur bei den Volltheologinnen und -theologen, sondern auch bei den Lehramtsstudierenden. Die Verantwortlichen der Katholisch-Theologischen Fakultäten ringen um die Zukunft dieser Disziplin.

Düstere Prognosen waren in den vergangenen Tagen von Wiesbaden aus zu hören. Dort trafen sich von Donnerstag bis Samstag die Mitglieder des Katholisch-Theologischen Fakultätentags (KThF). Er repräsentiert rund 50 theologische Fakultäten und Institute in der Bundesrepublik. Die dort arbeitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigten sich besorgt um die Zukunft der katholischen Theologie.

Ein Grund: Es fehlt an Nachwuchs. Die Studierendenzahlen gehen immer mehr zurück, vor allem die Volltheologie zieht kaum noch junge Menschen an. Der Anteil von Priesteramtskandidaten ist marginal. Und auch die Lehramtsstudierenden, die bislang die Gesamtzahlen hochhielten, sind seit 2018 um etwa 40 Prozent eingebrochen. Besorgniserregend auch der Blick auf Promotionen und Habilitationen: Bis 2025 wird auf jede freie Professur nur noch gut eine habilitierte Person kommen, zeigen aktuelle Ergebnisse des Sozialethikers Bernhard Emunds.

Geringer Frauenanteil in der Theologie

Was auf den ersten Blick wie eine traumhafte Situation aussieht – sehr gute Betreuungsverhältnisse für Studierende, herausragende Stellenaussichten für habilitierte Personen -, entpuppt sich bei näherem Hinsehen eher als Alptraum. Theologische Einrichtungen werden künftig bei offenen Stellen nicht mehr auf eine Bestenauslese setzen können, sondern müssen froh sein, wenn sie überhaupt noch eine Nachbesetzung finden.

Aufgrund einer Vielzahl anstehender Emeritierungen zeichnet sich zudem nicht ab, dass sich die Lage nach 2025 entspannt – ganz im Gegenteil. Besonders prekär ist die Situation hinsichtlich des Frauenanteils. Der liegt bei abgeschlossenen Promotionen und Habilitationen deutlich unter dem universitären Durchschnitt; die Abbruchquote ist hoch.

Kirchenkrise und Synodaler Weg

Ob dabei spezifisch katholische Komponenten eine Rolle spielen, soll nun eine qualitative Studie klären. Doch auch das Verfahren der kirchlichen Lehrerlaubnis für den akademischen Bereich, das sogenannte „Nihil Obstat“, wird immer wieder als intransparent kritisiert. Zugangsvoraussetzungen erschweren Lehramtsstudierenden den Zugang zum theologischen Doktorat. Zum rückläufigen Interesse an der Theologie generell dürfte die Kirchenkrise ihren Anteil leisten. Auch vor diesem Hintergrund und notwendigen Erneuerungen will sich der KThF nun noch einmal zum Reformprozess Synodaler Weg positionieren.

Die Konkordate als Existenzsicherungsgrundlage insbesondere für die voll ausgestatteten Fakultäten scheinen nicht mehr unantastbar. Dass die Politik die alten Verträge zwischen Staat und Kirche zeitnah anfassen wird, erscheint eher unwahrscheinlich. Doch wie lange sich die öffentliche Finanzierung so vieler Einrichtungen gesamtgesellschaftlich noch rechtfertigen lässt, ist ungewiss.

Stärkere Kooperation mit Religionswissenschaften?

Der Limburger Bischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, betonte auf dem KThF, wie wichtig die akademische Theologie für Kirche und Gesellschaft ist. Zugleich liege es an der Kirche selbst, wie sie die Zukunft der Disziplin an den Hochschulen sichere.

So rückt in Wiesbaden denn auch in den Fokus, ob nicht eine stärkere Zusammenarbeit mit den Religionswissenschaften etwa nach Vorbild US-amerikanischer Universitäten bedacht werden müsste. Wie sich der Religionsunterricht, bei dem die Unterschiede zwischen evangelisch oder katholisch mehr und mehr verwischen, auf die Ausbildung der Lehrkräfte auswirkt, steht ebenfalls auf der Agenda.

Zukunft der Priesterausbildung ungeklärt

Weitere Problemfelder: Die geringe Zahl der Volltheologen, die für ihr Studium den gesamten Fächerkanon der Theologie benötigen, binden an den Fakultäten den Löwenanteil der Lehrdeputate. Und wie es mit der Priesterausbildung weitergeht, ist alles andere als geklärt. Ungeklärt ist auch ein römischer Vorschlag, nach dem etwa die Dekane der Fakultäten vom Vatikan bestätigt werden sollen. Mit dem deutschen Universitätsgesetz ist das unvereinbar.

Deutliche Worte findet die Theologin Johanna Rahner, die den KThF-Vorsitz nach dreijähriger Amtszeit an den Dogmatiker Dirk Ansorge übergab, auch für den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und seine neue theologische Hochschule. Für manche Kreise bestehe die Profilschärfung des entscheidend Katholischen darin, sich dem gesellschaftlichen Diskurs zu entziehen und Identität durch Abgrenzung zu bestimmen, kritisiert sie.

Woelki mit gewichtiger Stimme

Dass Woelki zudem die für die akademische Theologie zuständige Kommission bei der Bischofskonferenz leitet und somit keine unwesentliche Stimme beim Zukunftsprozess des Fachs ist, liegt den Fachvertretern schwer im Magen. Auch ist der KThF in der Kommission, die unter anderem die deutschen Wissenschaftsinteressen gegenüber Rom vertritt, nicht vertreten. Ansorge betont, dass er dies in seiner Amtszeit ändern möchte.

Entscheidend für die Zukunft der wissenschaftlichen Theologie dürfte vor allem die Antwort auf eine Frage sein: Kann der Fakultätentag hin den kommenden Jahren gemeinsame Perspektiven entwickeln und sowohl innerkirchlich als auch hochschulpolitisch an einem Strang ziehen?

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