Kirche+Leben Lexikon

Synodaler Weg - was ist das? Fragen und Antworten

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Beim Reformdialog „Synodaler Weg“ beraten die katholischen Bischöfe in Deutschland gemeinsam mit Laienvertretern die Herausforderungen, vor denen die Kirche in diesem Land derzeit steht. Doch was ist der Synodale Weg, wie arbeitet er, was sagt der Papst? Dazu die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie kam es zum Synodalen Weg?

Die Deutsche Bischofskonferenz hat unter dem Eindruck der verheerenden Ergebnisse einer bundesweiten Studie zu sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche („MHG-Studie“) auf ihrer Frühjahrs-Vollversammlung 2019 in Lingen einstimmig einen Synodalen Weg beschlossen. Gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) wollen die Bischöfe über die Zukunft kirchlichen Lebens in Deutschland beraten und der anhaltenden Vertrauens- und Glaubwürdigkeitskrise der Kirche entgegenwirken.

Der Begriff „Synodaler Weg“ verweist auf das griechische Wort Synode, wörtlich „Weggemeinschaft“. Eine Synode ist eine kirchenrechtlich definierte Versammlung von Bischöfen oder von Geistlichen und Laien. Dazu hat sich die Bischofskonferenz nicht durchringen können. Anders als eine Synode hat der Synodale Weg beratenden Charakter. Das letzte Wort bei einer möglichen Umsetzung von Beschlüssen in ihrem Bistum haben die Ortsbischöfe, die auch der Einheit mit der Weltkirche verpflichtet sind.

Wie berät der Synodale Weg?

Oberstes Organ ist die Synodalversammlung mit 230 Mitgliedern. Die Bischofskonferenz ist mit allen Diözesan- und Weihbischöfen vertreten. Weitere Delegierte entsenden das ZdK, Mitgliedsverbände und Initiativen, die Deutsche Ordensobernkoferenz, die Priesterräte der Bistümer, die Arbeitsgemeinschaft Ständiger Diakonat und andere Gruppen. Auch Betroffene sexualisierter Gewalt gehören der Synodalversammlung an, ebenso Vertreter konservativer Gruppen wie „Maria 1.0“.

Gut zwei Dutzend Menschen aus dem Bistum Münster wirken beim Synodalen Weg mit, darunter 18 in der Synodalversammlung. Weitere fünf wurden als externe Fachleute in die thematischen Foren berufen.

Warum gibt es einen Synodalen Weg, aber keine Synode?

Von 1971 bis 1975 gab es eine Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland in Würzburg. Sie hatte das Ziel, die Umsetzung der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils zu fördern. Laut Kirchenrecht müsste eine erneute deutsche Nationalsynode in Rom beantragt werden. Bis zu einer Antwort hätte es gedauert. Außerdem könnten aus Sicht des Vatikans bestimmte Themen nicht angesprochen werden, weil sie in der Weltkirche geklärt werden müssen. Dazu gehören etwa Fragen der Weiheämter für Frauen und der Pflichtzölibat.

Welche Themen behandelt der Synodale Weg?

Die inhaltliche Arbeit erfolgt in vier Foren. Sie erarbeiten Texte, die sie der Synodalversammlung zur Abstimmung vorlegen. Themen der vier Foren sind Partnerschaft und Sexualität, die priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche. Jedes Forum wird von je einem Bischof und einem Laien geleitet.

Drei Forums-Vorsitzende stammen aus dem Bistum: Bischof Felix Genn aus Münster und Stephan Buttgereit aus Haltern leiten das Forum zur priesterlichen Lebensform. Eine der Vorsitzenden des Frauen-Forums ist die Theologieprofessorin Dorothea Sattler aus Münster.

Wie ist der Zeitplan?

Der 2019 gestartete Reformdialog war zunächst auf zwei Jahre angelegt. Wegen der Corona-Pandemie und der Fülle der zu beratenden Papiere wird der Synodale Weg allerdings nach derzeitiger Planung bis mindestens Anfang 2023 dauern. Vom 8. bis 10. September 2022 findet die vierte Synodalversammlung in Frankfurt am Main statt.

Was sagt der Papst zum Synodalen Weg?

Papst Franziskus hat sich ein einziges Mal offiziell selbst zum Synodalen Weg und seinen Anliegen geäußert. In einem Schreiben „An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ vom 29. Juni 2019 ermutigt Franziskus zu mehr Synodalität bei der Erneuerung der Ortskirche, mahnt aber auch die Einheit der Weltkirche an. Der Papst erinnert zudem daran, die Evangelisierung mitzubedenken.

Im Juli 2022 erschien eine nicht namentlich gekennzeichnete Erklärung des Heiligen Stuhls, die der Papst einige Tage später dem vatikanischen Staatssekretariat zuschrieb. Die Erklärung warnt vor Alleingängen bei Reformen. Der Synodale Weg sei „nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten“.

Anders als das Schreiben an die deutschen Katholiken stammt diese Erklärung nicht aus päpstlicher Feder, wie Franziskus auf Nachfrage sagte. Zum Synodalen Weg habe er 2019 alles gesagt, was er sagen wollte.

Wie ist die Situation auf der Ebene der Weltkirche?

Während der deutsche Synodale Weg bereits lief, hat Papst Franziskus im Oktober 2021 einen synodalen Prozess für die gesamte Weltkirche eröffnet. Ein Ziel ist, einen synodaleren Umgangsstil in der Kirche zu etablieren. Zudem soll es darum gehen, drängende Themen für Kirche und Christen zu benennen.

Zu Beginn gab es Umfragen anhand vatikanischer Leitfragen unter den Gläubigen in den einzelnen Bistümern. Die Ergebnisse werden auf nationaler Ebene gebündelt und an den Vatikan gesandt. Dort sollen Zusammenfassungen auf kontinentaler Ebene entstehen. Schlusspunkt des synodalen Prozesses ist eine Weltbischofssynode, die für Herbst 2023 im Vatikan geplant ist.

In der Zusammenfassung der Umfrageergebnisse aus Deutschland – ebenso wie aus weiteren europäischen Ländern und zum Beispiel aus Australien – werden auch die zentralen Themen des Synodalen Wegs als wichtig benannt. Die vatikanische Erklärung von Juli 2022 ermutigt gleichfalls dazu, Ergebnisse des Synodalen Wegs in den Prozess auf Weltebene einzubringen.

Gibt es Vorläufer des Synodalen Wegs?

Von 2011 bis 2015 gab es als Reaktion auf das Bekanntwerden von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche einen Gesprächsprozess der Deutschen Bischofskonferenz, der Herausforderungen für die Kirche benennen sollte. Die Bischöfe hatten jedoch von vornherein bestimmte Themen ausgeklammert, um Konflikte mit dem Vatikan zu vermeiden. Im Bistum Münster diskutierte das „Diözesanforum“ unter dem Leitwort „Mit einer Hoffnung unterwegs“ bereits ab 1994 ähnliche Themen wie der Synodale Weg.

Gibt es Kritik am Synodalen Weg?

Eine Minderheit der Bischöfe, darunter Rainer Maria Woelki (Köln), Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Stefan Oster (Passau), hegen öffentlich Vorbehalte. Sie pochen auf die Entscheidungsgewalt der Diözesanbischöfe. Zudem vermuten sie, der Synodale Weg wolle die Lehre der Kirche – etwa die Sexualmoral – verändern, was zu einem „Bruch“ mit der Weltkirche und der kirchlichen Tradition führe.

Das Präsidium des Synodalen Wegs verweist allerdings darauf, dass mögliche Voten zu Lehrsätzen mit dem Vatikan besprochen werden würden. Die Unterstellung, eine deutsche „Nationalkirche“ anzustreben, weisen die Verantwortlichen daher immer wieder zurück.

(Aktualisiert am 2. September 2022)

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