Johanna Müller (17) über Kirche als Parallelwelt und Erwartungen junger Menschen

Die jüngste Delegierte: Synodaler Weg ist vielleicht die letzte Chance

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Johanna Müller (17), Gymnasiastin aus Harsewinkel-Marienfeld an der Ostgrenze des Bistums Münster, ist Messdienerin, Firmkatechetin, in der Chorarbeit ihrer Pfarrei engagiert – und die jüngste Delegierte beim Synodalen Weg. Im Interview mit „Kirche-und-Leben.de“ sagt sie, was sie motiviert, wie sie den Prozess bisher bewertet und was sie vom digitalen Treffen am Donnerstag und Freitag dieser Woche erwartet.

Frau Müller, wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich für einen Platz in der Synodalversammlung zu bewerben?

Ich hatte zufällig im Netz gesehen, dass 15 Plätze an Leute gehen sollten, die jünger sind als 30 Jahre. Ich hatte aber erwartet, dass sich viele bewerben würden, die Mitte, Ende 20 sind, und gar nicht so viele richtig junge Leute. Da habe ich gedacht: Kann ja nicht schaden, wenn ich mich bewerbe. Man musste ein Formular ausfüllen, auch über die eigene Motivation. Es haben sich mehr als 200 Menschen beworben, daraus hat der Bund der Deutschen Katholischen Jugend dann 15 ausgewählt.

Was ist denn Ihre Motivation, sich Gedanken zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland zu machen?

Freundlich ausgedrückt, bin ich nicht so ganz zufrieden mit der Kirche. Ich wünsche mir eine Kirche, die für jung und alt attraktiv ist, wo sich jede und jeder aufgenommen und angenommen fühlt. Deshalb ist es mir wichtig, die Sicht junger Leute einzubringen. Die Kirche ist für uns eine absolute Parallelwelt, die mit unserer Lebensrealität nichts mehr zu tun hat.

Dann könnte Ihnen die Kirche doch egal sein.

Bei vielen der jungen Delegierten spüre ich so ein „Trotzdem“, auch bei mir. Wir sind dabei, weil wir noch etwas verändern wollen, weil wir ja noch nicht ausgetreten sind und das eigentlich auch nicht vorhaben. Da ist der Synodale Weg vielleicht die letzte Chance: Die Bischöfe, Vertreter der Priester, der Laien, der Verbände, Frauen, Männer – alle diskutieren gemeinsam über unsere Kirche. Und im besten Fall folgen Veränderungen.

Wie haben Sie den Synodalen Weg bisher erlebt?

Die erste Vollversammlung vor einem Jahr fand ich sehr bewegend. Es war alles neu, alle mussten erstmal ausprobieren, wie das überhaupt geht. Gerade die Aussprache, die verschiedenen Zeugnisse haben mich beeindruckt. Bei der Regionalkonferenz im September klappte der Austausch besser, weil wir nur 50 Leute waren, nicht gleich 230.

Kommen Sie denn zu Wort?

Johanna Müller. | Foto: privat
Johanna Müller. | Foto: privat

Ja, da werde ich auch ermutigt. Trotzdem habe ich manchmal das Gefühl, meine Rolle noch nicht gefunden zu haben. Bei einigen theologischen Details kann ich auch nicht wirklich mitreden. Aber ich denke, es liegt an uns jüngeren Delegierten, auf konkrete Fragen hinzuweisen, die uns bewegen, damit es nicht nur um Befindlichkeiten geht.

Sie arbeiten auch im Forum „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“ mit. Warum gerade dort?

Bei der Bewerbung musste man schon angeben, welches Thema einen interessiert. Das Thema Macht spielt bei vielen Fragen eine Rolle. Ich glaube auch, dass sich die heutigen Pfarreien schon bald nicht mehr so aufrechterhalten lassen. Da muss es Wege geben, die Gläubigen auf neue Weise an Entscheidungen zu beteiligen.

Wie läuft die Arbeit im Forum?

Die 35 Mitglieder haben sich einmal in Frankfurt getroffen, danach digital. Das ist schon nochmal schwieriger. Natürlich kann man sich auf die Rednerliste setzen lassen. Aber das kurze Verständigen mit Blicken oder Kopfnicken fällt eben weg.

Was erwarten Sie vom digitalen Treffen in dieser Woche?

Die Satzung des Synodalen Wegs sieht solche Treffen nicht vor, sodass wir jetzt nichts entscheiden können. Unser Forum hat aber einen 40-seitigen Grundlagentext und einige Handlungsempfehlungen vorgelegt und soll Rückmeldungen bekommen. Neben dem Hearing zu meinem Forums-Thema habe ich mich auch für das Hearing des Frauen-Forums angemeldet.

Also wird weiter diskutiert?

Wahrscheinlich. Ich fand es wichtig, dass die Regionalkonferenzen stattgefunden haben. Es ist auch gut, dass es jetzt das digitale Treffen gibt. Corona verändert auch die Kirche und ist ein Brennglas für die Themen des Synodalen Wegs. Wenn das Leben wieder „normal“ weitergeht, werden manche Menschen vielleicht nicht mehr wiederkommen, weil ihnen die Kirche und ihre Angebote nicht gefehlt haben. Wegen Corona beim Synodalen Weg nichts zu tun, das können wir uns nicht leisten.

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