Unterwegs mit der jüngsten Synodalen auf der Synodalversammlung

Apfelschorle gegen den Frust - wie Johanna Müller Synodalen Weg erlebt

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Johanna Müller aus dem Bistum Münster ist Delegierte beim Synodalen Weg. Auf der letzten Etappe haben wir die 19-Jährige begleitet. Dabei muss sie mit einem Wechselbad der Gefühle zwischen Frust, Resignation und kleiner Erfolge kämpfen.

Johanna Müller scheint gelassen. Sie sitzt auf einer Bank gegenüber eines großen Tresens, an dem im späteren Verlauf der Versammlung um Kompromisse gerungen wird. Die Ärmel ihres Rollkragenpullis sind hochgekrempelt. Sie scheint genau zu wissen, welche Erwartungen sie an diese fünfte Synodalversammlung haben kann und welche nicht. Es geht um viel für die katholische Kirche in Deutschland, und auch für sie persönlich: Sie kandidiert für den Synodalen Ausschuss. Sie selbst meint, dass sie nicht genau wisse, was sie erwarten soll, sie sei nervös, „aber komischerweise auch gelassen“. Das liege daran, dass sie schon einige Versammlungen hinter sich habe.

Denn Müller ist von Beginn an dabei. Die Frau aus Harsewinkel ist mit 19 Jahren die jüngste Synodale in dieser Versammlung. Als sie sich für den Synodalen Weg beworben hatte, war sie 16. „Damals habe ich zufällig von der Ausschreibung mitbekommen. Ich fand es einfach interessant.“ Einen richtigen Plan vor Beginn des Synodalen Weges habe sie nicht gehabt, sagt sie. „Schon etwas naiv.“ In den letzten Jahren habe sich dann aber immer mehr ein Interesse für Themen in der katholischen Kirche entwickelt.

Zwischen den Fronten


Zwischen den Fronten: Johanna Müller (links) zwischen BDKJ-Chef Podschun und dem Passauer Bischof Oster. | Foto: Maximilian von Lachner (Synodaler Weg)

Wegducken muss Johanna Müller sich bei der ersten Aussprache, als Gregor Podschun spricht. Der BDKJ-Chef spricht oft. Müller nicht. Sie ist trotzdem häufig im Bild. Denn sie sitzt zwischen zwei Personen, die viel sprechen und deren Positionen so gar nicht zusammenpassen. Vor ihr der Passauer Bischof Stefan Oster, der nicht zu den reformfreudigen Synodalen zählt. Hinter ihr Gregor Podschun, der nicht selten seine Unzufriedenheit über reformunwillige Bischöfe zum Ausdruck bringt. Konnte sie vermitteln? „Nicht wirklich.“

Johanna Müller schreitet in einer Pause am ersten Versammlungstag auf einer Rolltreppe hinauf zur großen Aula. Richtig Zeit für Pausen hat sie nicht. Gespräche mit Delegierten, mit internationalen Beobachtern, stehen an. Genug essen und trinken tut sie eher nicht, sagt sie. „Ich gebe mir Mühe. Aber so richtig gesund ist es nicht. Aber es sind ja nur drei Tage.“ Der erste dieser drei Tage endet spät. Um 21 Uhr findet noch eine Veranstaltung im Frankfurter Dom statt, die sich mit sexuellem Missbrauch in der Kirche auseinandersetzt. Kein leichter Tagesordnungspunkt, auch für Müller nicht.

Uralte Argumente?

Freitagmorgen: Johanna Müller scheint schlecht geschlafen zu haben. Sie ist frustriert, sehr angespannt, sogar wütend, sagt sie. Tagesordnungspunkt 5.2, der Handlungstext „Verkündigung des Evangeliums durch Lai*innen in Wort und Sakrament“ steht an. Lange, lebhafte Debatten prägen den Vormittag. Die Stimmung droht sogar zu kippen. Johanna Müller kritisiert die „uralten Argumente“ einiger Synodalen. „Ich habe das Gefühl, dass wir wieder mega die Rückschritte machen“, sagt sie.

Fortschritt macht immerhin am Nachmittag die Tagesordnung. Debattiert wird über die Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare. Es geht um etwas. Das spürt man an den emotionalen Wortmeldungen. Dann bricht Jubel aus. Die Synodalversammlung sagt Ja zu Segensfeiern. Rund um Johanna Müller werden Regenbogenfahnen in die Höhe gestreckt. An diesem Punkt wendet sich die Stimmung der 19-Jährigen. Sie spricht von einem Erfolg.

Müller ist genervt


Regenbogenflaggen werden bei der Verabschiedung des Textes zu Segensfeiern in die Höhe gestreckt. | Foto: Paul Hintzke

Ihre gute Laune hält aber nicht lange. Der Handlungstext „Gemeinsam beraten und entscheiden“, ein wichtiger Text für Laien, wird in den Synodalen Ausschuss, dem auch Müller angehören will, vertagt. Müller sagt, sie sei genervt. „Wir sind an dem Thema gut drei Jahre dran.“

Samstag, Tag der Entscheidung für Johanna Müller: Die Wahl zum Synodalen Ausschuss steht an. Die Abstimmung zieht sich. 60 Personen haben sich auf 20 Plätze beworben. Die Liste der 20 Personen, die die meisten Stimmen erhalten haben, erscheint. Müller steht nicht drauf. Trotzdem macht sie keinen gedrückten Eindruck. Sie nippt an ihrer Apfelschorle.

Kirchenpolitisch etwas „ausruhen“

Müller sagt, sie wolle sich kirchenpolitisch erstmal etwas „ausruhen“. Eine Resignation scheint das aber nicht zu sein. Eher ein Nachdenken. Bis zum Sommer absolviert sie noch das Projekt des Bonifatiuswerkes „Praktikum im Norden“ in Schweden. Sie will studieren. In den Synodalen Ausschuss hat sie es zwar nicht geschafft. Aber vielleicht kann sie ihre Erfahrungen während des Synodalen Weges für ihr Studium nutzen – vor allem ihre Gelassenheit könnte ihr dabei helfen.

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