Vierte Vollversammlung des Reformdialogs beginnt am Donnerstag

Beim Synodalen Weg stehen Beschlüsse an – wenn die Bischöfe mitmachen

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Am Donnerstag beginnt die vierte Vollversammlung des Synodalen Wegs in Frankfurt am Main. Die Tagesordnung ist randvoll, einige Papiere könnten bereits beschlossen werden - wenn die Bischöfe mitmachen.

Insgesamt 14 Papiere in Erster oder Zweiter Lesung, dazwischen Aussprachen, meditative Impulse sowie die Vorstellung eines Leitfadens für geschlechtersensible Sprache in Beschlüssen des Synodalen Wegs: Die von Donnerstag bis Samstag in Frankfurt tagende Vollversammlung des Dialogs zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland hat sich eine Menge vorgenommen. Wie bei vorangegangenen Treffen dürfte Kritik an einer überfrachteten Tagesordnung und zu kurzen Redezeiten laut werden.

Gleich zu Beginn bekommen es die rund 230 Mitglieder der Synodalversammlung mit einem 32-seitigen sogenannten Grundtext zur Sexualmoral zu tun. Das Papier steht in Zweiter Lesung auf der Agenda und könnte daher beschlossen werden - so wie acht weitere Grund- und Handlungstexte, die Vorschläge für Reformen in der Kirche unterbreiten wollen.

Entscheidungen mit und ohne Rom

Kirchenpolitisch lassen sich die Texte in zwei Kategorien einteilen: Solche, die ohne Zustimmung aus Rom beschlossen werden und zu konkreten Änderungen führen könnten, und solche, bei denen die Entscheidungsgewalt in Rom liegt und für die der Synodale Weg lediglich Empfehlungen für Neupositionierungen aussprechen kann.

In die erste Kategorie fällt der Handlungstext für eine Reform der Grundordnung des kirchlichen Arbeitsrechts. Die Ordnung regelte bislang unter anderem, dass kirchliche Arbeitgeber Menschen, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben, wegen Verstoßes gegen die sogenannten Loyalitätsobliegenheiten entlassen konnten. Hier stehen die Zeichen spätestens seit der medienwirksamen Aktion #OutInChurch auf Liberalisierung.

Welche Spielräume hat der Synodale Weg?

In die zweite, kirchenpolitisch schwierigere Kategorie fallen Texte, die eine Zulassung von Frauen zu Weiheämtern, etwa als Diakonin, anregen oder sich für Lockerungen bei der Ehelosigkeit von Priestern stark machen. Die Synodalen können sich für letzteren Vorstoß auf Stimmen aus der Weltkirche stützen wie die des brasilianischen Kardinals Leonardo Ulrich Steiner, der Sympathien für die Zulassung von verheirateten, "bewährten" Männern, den "viri probati", zum Priesteramt erkennen lässt.

Einerseits. Andererseits steht immer öfter die Frage im Raum, welche Spielräume und Kompetenzen der Synodale Weg überhaupt hat. Unlängst war aus dem Vatikan verlautbart worden, die deutsche Initiative sei "nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten". Das allerdings hatte das Reformprojekt auch nie beansprucht.

Erwartungen an die Bischöfe

Die einen warnen vor einem "deutschen Sonderweg" und einer Kirchenspaltung, die anderen beteuern die Einheit mit Rom. Man wolle "entscheidende Impulse" geben, "damit Offenheit, Transparenz und Ehrlichkeit in der katholischen Kirche keine Fremdwörter mehr sind", fasst die stellvertretende Vorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD), Agnes Wuckelt, zusammen.

"Es wird sich zeigen, ob dem in den vergangenen Monaten gewachsenen Problembewusstsein bezüglich unheilvoller kirchlicher Konzepte und Realitäten nun auch Reformbereitschaft und vor allem Handlungswille entsprechen", formulierte die Erfurter Theologin Julia Knop Erwartungen an die vierte Vollversammlung des Synodalen Wegs: "Hier sind vor allem die Bischöfe gefragt. Denn die Überwindung toxischer Strukturen, Konzepte und Gewohnheiten beginnt zwar in den Köpfen. Aber sie braucht, um nachhaltig zu sein, mehr als den guten Willen eines guten Hirten."

Die kalte Schulter des Vatikans

Die in Frankfurt anwesenden deutschen Bischöfe werden ihren Blick vermutlich verstärkt nach Rom richten. Dort hat gerade die zweite Phase der von Papst Franziskus angestoßenen Weltsynode begonnen.

Im Herbst 2023 soll der Prozess, der auf mehr Teilhabe von Laien und auf mehr Dezentralisierung der Weltkirche hinauslaufen könnte, in eine große Bischofsversammlung münden, an der auch deutsche Bischöfe teilnehmen werden. Gemäß der hierarchischen Verfasstheit der katholischen Kirche, wird dies der Ort sein, an dem wegweisende Entscheidungen als Empfehlungen für den Papst getroffen werden.

Der Synodale Weg in Deutschland soll irgendwie in diesen weltweiten Prozess münden. Doch bisher wurde nicht einmal das Präsidium des deutschen Reformdialogs im Vatikan offiziell empfangen. Noch ist nicht klar, wie die römische Politik der kalten Schulter die Stimmung und den Verlauf der Vollversammlung in Frankfurt beeinflussen wird.

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