Laut Anzeige sind zwei Bischöfe noch im Amt, zwei im Ruhestand

Missbrauchs-Vertuschung: Vatikan ermittelt gegen Schweizer Bischöfe

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Wegen Missbrauchs-Vertuschung ermittelt der Vatikan gegen amtierende und ehemalige Schweizer Bischöfe. Das bestätigt die Bischofskonferenz. Auch gegen einen früheren Papst-Botschafter in Deutschland gibt es Vorwürfe.

Der Vatikan ermittelt gegen mehrere amtierende und emeritierte Schweizer Bischöfe sowie weitere Kleriker wegen des Umgangs mit sexualisierter Gewalt. Den Bischöfen werde in der Hauptsache Vertuschung vorgeworfen; gegen einzelne Beschuldigte stehe der Vorwurf im Raum, selbst Übergriffe begangen zu haben, teilt die Schweizer Bischofskonferenz mit.

Einen Brief an den Nuntius, Erzbischof Martin Krebs, von Ende Mai mit entsprechenden Vorwürfen habe dieser an die vatikanische Bischofsbehörde weitergeleitet. Am 23. Juni habe diese eine kirchenrechtliche Voruntersuchung unter Leitung des Churer Bischofs Joseph Bonnemain angeordnet.

Ermittlungen bis Jahresende

Die Ermittlungen sollten Ende des Jahres abgeschlossen sein, so die Erklärung. Die zuständigen Staatsanwaltschaften seien gemäß den Richtlinien der Bischofskonferenz über die in dem Brief erwähnten Fälle informiert worden: „Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, können wir keine weiteren Angaben machen“, hieß es.

Laut der Boulevardzeitung „Sonntags-Blick“ stammt der ihr vorliegende Brief vom früheren Generalvikar des Bistums Lausanne-Genf-Freiburg, Nicolas Betticher. Demnach sind vier der beschuldigten Bischöfe bis heute im Amt, zwei im Ruhestand.

Beschuldigte Bischöfe

Laut Bericht wird drei Priestern im Bistum Lausanne-Genf-Freiburg sexuelle Belästigung von Jugendlichen vorgeworfen. Das Bistum schweige zu den Anschuldigungen.

Der Vertuschung beschuldigt ist laut „Sonntags-Blick“ unter anderen der Bischof von Sitten, Jean-Marie Lovey (73). Er soll von einem Opfer von sexueller Belästigung erfahren, aber nichts unternommen haben. Loveys Sprecher widerspricht; der Bischof habe die vorgeschriebenen Schritte unternommen.

Beschuldigte widersprechen

Bischof Charles Morerod (61) von Lausanne soll von Betticher 2011 von einem Missbrauchsfall erfahren haben. Trotzdem habe Morerod den Priester später befördert und ihn erst 2020 nach Presseenthüllungen suspendiert, so die Zeitung.

Der Schweizer Jugendbischof, Weihbischof Alain de Raemy (64), soll nach Aussage Bettichers Mitwisser eines Missbrauchsfalls gewesen sein. De Raemy widersprach dem schon 2020.

Ehemaliger Weihbischof sieht sich verleumdet

Ein früherer Weihbischof in Lausanne soll laut Bericht etliche Fälle sexueller Belästigung in einem Sommerlager wissentlich nicht verfolgt haben. Der verständigte Ortsbischof Bernard Genoud habe in Rom interveniert; daraufhin sei der Weihbischof abgezogen und zum Bischof in Skandinavien ernannt worden. Laut „Sonntags-Blick“ weist der Würdenträger alle Vorwürfe zurück und kündigt Strafanzeige wegen Verleumdung an.

Vorwürfe gegen späteren Nuntius Périsset

Erzbischof Jean-Claude Périsset (84), von 2007 bis 2013 Papstbotschafter in Deutschland, sieht sich ebenfalls mit Vorwürfen konfrontiert. Er soll laut Bericht Ende der 1980er Jahre als Offizial seines Heimatbistums Lausanne von Missbrauch durch einen Ordensmann der Kapuziner erfahren haben. Dieser sei darauf in ein Kloster in Frankreich versetzt worden und habe weitere Jugendliche missbraucht, schreibe Betticher in seiner Anzeige.

Périsset sagte dem „Sonntags-Blick“, er habe nicht vertuscht. Der für den Kapuziner verantwortliche Ordensobere habe die Verantwortung übernommen und sei bei der entscheidenden Sitzung anwesend gewesen. Das Kirchenrecht sei damals anders gewesen.

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