Generalsekretärin Kaschner zu Hinweis in Paderborner Bischofsgruft

Wie "I.N.R.I": Bischofskonferenz-Sprecherin kritisiert Missbrauchsschild

  • Scharfe Kritik am Hinweis im Paderborner Dom auf Missbrauchs-Vertuschung übt die Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz.
  • Schwester Anna Mirijam Kaschner fragt, warum es dann nicht auch "Schuldtafeln" an Gräbern von Frauen gebe, die abgetrieben hätten.
  • Die seit gestern zu sehende Tafel war von Domkapitel und Betroffenbeirat gemeinsam beschlossen worden.

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Scharfe Kritik an einer Aufklärungstafel in der Paderborner Bischofsgruft über Missbrauchs-Vertuschung durch verstorbene Erzbischöfe übt die Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz, die aus dem Erzbistum Paderborn stammende Schwester Anna Mirijam Kaschner. In einem Gast-Kommentar für das Kölner "Domradio" vergleicht sie den von Domkapitel und Betroffenenbeirat beschlossenen Hinweis mit dem biblischen Spott-Schild von Pontius Pilatus, das er am Kreuz Jesu mit der Titulatur "König der Juden" hatte anbringen lassen.

In der Bischofsgruft sind die Paderborner Kardinäle Lorenz Jaeger und Johannes Joachim Degenhardt beigesetzt, denen ein Missbrauchs-Gutachten schwere Vergehen wie Vertuschung von Fällen sexualisierter Gewalt durch Priester des Erzbistum nachweist. Seit gestern klärt eine Tafel in der Krypta darüber auf.

Kaschner: Warum keine Grab-Schilder nach Abtreibung?

Diese "Schuldtafel" ist für Kaschner ein "Zeichen tiefen Unglaubens". Offenbar wolle man die verstorbenen Erzbischöfe "nachträglich irgendwie 'bestrafen'". Dann aber müsse man fragen, warum "konsequenterweise" nicht an jedem Grab eines pädophilen Familienvaters, eines jeden Vergewaltigers und "an jedem Grab einer Mutter, die ein oder mehrere Kinder abgetrieben hat, genau solche Schuldtafeln zu finden sind". Die gebe es jedoch wahrscheinlich deshalb nicht, "weil sonst jeder Friedhof einem Schilderwald gleichen würde", vermutet die Ordensfrau.

Sie glaube vielmehr daran, dass Gott die Toten richten und auch die beiden Kardinäle zur Rechenschaft ziehen werde. Der Hinweis in der Bischofsgruft bezweifle das offenbar. Daher müsse "die Bistumsleitung samt Metropolitankapitel und jeder Besucher der Krypta des Doms dies in die eigene Hand nehmen".

Wer ist Schwester Anna Mirijam Kaschner?

Kaschner wurde 1970 in Werl geboren und trat mit 20 Jahren zur katholischen Kirche über. 1997 trat sie in die Ordensgemeinschaft der Missionsschwestern vom Kostbaren Blut ein.

Seit 2009 ist sie Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz, in der die katholischen Bischöfe aus Schweden, Dänemark, Norwegen, Finnland und Island zusammengeschlossen sind.

Hilfe aus Paderborn, Kritik an Reformen

In Paderborn befindet sich auch der Sitz des Bonifatiuswerks der deutschen Katholiken, das Gemeinden in der Diaspora unterstützt - wo also Katholikinnen und Katholiken in der Minderheit sind. Dazu gehören auch die Bistümer in Nordeuropa.

Im März 2022 hatten die katholischen Bischöfe Skandinaviens bereits Bedenken gegen den Synodalen Weg geäußert, der als Reaktion auf den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche auf Initiative der Deutschen Bischofkofskonferenz entstanden war. Sie seien besorgt über "die Richtung, die Methodik und den Inhalt", hieß es in einem Offenen Brief an Bischof Georg Bätzing als Vorsitzenden der Deutschen Bischokonferenz. Gegen diese Vorwürfe hatte sich unter anderem das Bonifatiuswerk verwahrt. Kaschner nannte den Synodalen Weg auf ihrem Facebook-Account "Bauchnabel-Gekreise". Papst Franziskus hat sie als Delegierte bei der Weltsynode im Herbst im Vatikan berufen.

Leere Gräber in Münsters Bischofsgruft?

Auch im Bistum Münster wird derzeit überlegt, wie die Vertuschung von Missbrauch durch frühere Bischöfe in der Bischofsgruft im Paulusdom thematisiert werden soll. Eine eigens eingesetzte Arbeitsgruppe, zu der neben anderen Betroffene und Vertreter des Domkapitels gerhöen, schlägt vor, dass es künftig weder in der Kathedrale noch auf dem Domherrenfriedhof Beisetzungen geben soll. Zudem soll in der Bischofsgruft ein noch nicht belegtes Grab bewusst geöffnet werden und leer bleiben - und so als "offene Wunde in der Bistumsgeschichte" dauerhaft im Blick bleiben. Informationstafeln sollen dies erläutern.

Die Vorschläge sollen nach den Vorstellungen der Arbeitsgruppe im Austausch mit dem Domkapitel erörtert werden, wie Bischof Felix Genn in einem Brief zum Jahrestag der Gutachten-Veröffentlichung am 13. Juni an alle haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden im Bistum formulierte.

UPDATE: Ergänzungen zu Überlegungen im Bistum Münster und weitere Informationen zu Schwester Anna Mirijam Kaschner im achten Absatz. (17.07.2023, 14:15, mn)

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