Annette Saal zu Inflation und Hartz-IV-Anpassung

Staat muss Bedürftigen mehr helfen

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Die Inflationsrate in Deutschland hat mit gut sieben Prozent ein bedenkliches Ausmaß angenommen. Insbesondere die ärmere Bevölkerung treffen die Preissteigerungen hart. Jetzt muss die Politik reagieren, kommentiert „Kirche+Leben“-Chefredakteurin Annette Saal.

Jede und jeder spürt es im Supermarkt und an der Tankstelle: Die Preise besonders für Lebensmittel und Treibstoff sind infolge des Kriegs in der Ukraine in einem geradezu bedenklichen Ausmaß gestiegen.

Bei denjenigen, die gut betucht sind, mögen die Preissprünge ärgerlich, aber noch zu verkraften sein. Doch bei bedürftigen Menschen, die schon vor der Preissteigerung jeden Cent dreimal umdrehen mussten, löst die Entwicklung pure Angst aus. Denn sie haben keine Reserven, auf die sie zurückgreifen könnten.

Schere zwischen Armen und Reichen

Die Schere zwischen Armen und Reichen klafft immer weiter und spürbarer auseinander: Während der Regelsatz für Sozialhilfe und Arbeitslosengeld II (Hartz IV) seit Beginn des Jahres um 0,7 Prozent gestiegen ist, geht das Statistische Bundesamt gegenwärtig von einer Inflationsrate von rund sieben Prozent aus. Ein krasses Missverhältnis.

Zu Recht fordert der Diözesancaritasverband Münster deshalb – der plötzlichen extremen Preissteigerung folgend – eine Anhebung des Regelsatzes auf mehr als 600 Euro im Monat plus Einmal-Zuschüsse für Betroffene. Das ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, die der neuen Situation entsprechen muss.

Politik darf Problem nicht abwälzen

In einem reichen Land wie Deutschland sollte niemand unter einseitiger Ernährung leiden oder frieren müssen – zu befürchten ist allerdings, dass der Mantel in der Wohnung und die billigste Kost aus dem Discounter für manche der einzige Ausweg sind.

Und die Tafeln und Kleiderkammern? Schon jetzt zeichnet sich ab, dass sie stärker in Anspruch genommen werden. Aber kann das eine Lösung auf Dauer sein? Der Staat kann sich nicht davon freisprechen, angemessen zu helfen, weil es ja Ehrenamtliche gibt, die sich kümmern.

Es geht nicht an, das Problem immer mehr auf die wohltätigen Organisationen abzuwälzen – so engagiert und unverzichtbar ihre Arbeit auch ist. Die Festlegung auf eine wirklich angemessene, monatlich kalkulierbare staatliche Unterstützung hat auch mit Menschenwürde zu tun.

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