Johannes Bernard über zielgruppenorientierte Angebote

Biker-Treffen sorgen für volle Kirchen – und für pastorale Eigentore

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Wie kleine oder mittlerweile große Kirchentage gestalten sich die Gottesdienste für Biker. Das Erfolgsrezept sollte auch auf andere Zielgruppen angewandt werden, meint Johannes Bernard.

Rund 5.000 Frauen und Männer haben sich vor wenigen Tagen zu einem Biker-Gottesdienst im mecklenburgischen Bad Doberan getroffen. Der Innenraum des Doberaner Münsters inmitten der historischen Klosteranlage der Zisterzienser aus dem 12. Jahrhundert war mehr als überfüllt.

Am 9. Juni kommen wiederum Tausende von Motorradfahrern im Hamburger Michel zum 41. „Hamburger MOGO“ (Motorradgottesdienst) zusammen. Die Einladenden möchten den Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken, die christlichen Werte vorstellen und für Toleranz und Respekt im gegenseitigen Miteinander eintreten.

Biker machen Mut gegen Kirchen-Tristesse

Am 1. Juli wiederum treffen sich Tausende von Bikern im niederrheinischen Wallfahrtsort Kevelaer, um zu beten, der verstorbenen Biker zu gedenken und um ein unfallfreies Fahren zu bitten. Es kommen Katholiken und Protestanten, Getaufte und Ungetaufte, Ausgetretene und Eingetretene, Überzeugte und Suchende, spontan Mitmachende und Dauerteilnehmende.

Hier überzeugen die Kirchen-Kommunikation und ein Angebot für eine bestimmte Zielgruppe, das so beiläufig und unaufgeregt daherkommt. Diese drei Beispiele machen Mut, die um sich greifende Kirchen-Tristesse mit den leeren Gotteshäusern einmal hinter sich zu lassen und sich zu fragen, warum eine Kirchen-Kommunikation mit der Ausrichtung auf eine Zielgruppe so erfolgreich sein kann.

Ein Erfolgsrezept für andere kirchliche Zielgruppen?

Die Frohe Botschaft richtet sich an alle Menschen. Und trotzdem brauchen ihre Kommunikations-Instrumente klare Zielgruppen – sonst kommt die Botschaft nicht an. Bei den Bikern gelingt das offenbar sehr gut. Die Macher von kirchlichen Angeboten könnten daraus ein Erfolgsrezept für andere Zielgruppen ableiten.

Das muss man allerdings auch wollen: Die evangelische Nordkirche hatte kürzlich ein Eigentor geschossen, als sie ihren langjährigen Hamburger Motorrad-Pfarrer abberief. Mit einer Neubesetzung tat sich die Kirche schwer. Es schien, als wären die Biker ganz besonders spezielle und klimapolitisch hochgradig problematische Menschen. Und so hieß es: „Da kommen Menschen, die trinken Bier, essen Würstchen und verbrennen Benzin.“ Solche Eigentore braucht niemand.

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