Integrations-Berater Tim Westholt über Hintergrunde der Kölner Silvesternächte

Caritas-Experte: Nordafrika-Flüchtlingen fehlt Perspektive

Die Probleme, die besonders in den Kölner Silvesternächten sichtbar geworden sind, haben mit der Perspektivlosigkeit junger Flüchtlinge aus Nordafrika zu tun. Das sagt der Integrations-Experte Tim Westholt. Zudem stünden sie unter enormem familiären Druck.

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Junge Flüchtlinge aus Nordafrika brauchen nach Meinung des Kölner Migrations-Experten Tim Westholt klarere Zukunftsaussichten. Die Probleme, die besonders in den Kölner Silvesternächten sichtbar geworden seien, seien in deren Perspektivlosigkeit begründet. „Menschen, denen keine Perspektive geboten wird, oder deren Perspektiven unklar sind, verlieren wir im Beratungsprozess“, sagte der Leiter des Caritas-Fachdienstes Integration/Migration im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur.

 

Junge Migraten unter massivem Familien-Druck

 

Die jungen Schutzsuchenden, auch aus anderen Ländern, stehen nach seinen Worten unter enormem Druck, denn häufig würden sie von ihren Familien nach Europa geschickt, um die Situation der gesamten Familie zu verbessern. „Dann haben sie es über Grenzzäune oder das Meer nach Europa geschafft und haben aber durch die europäische Asylpolitik wenige Anknüpfungspunkte, weiter voran zu kommen“, kritisiert Westholt. Die sehr geringe Anerkennungsquote für Personen aus Nordafrika setze diese Gruppe zusätzlich unter Druck.

 

Tatenlosigkeit wird als Scheitern verstanden

 

Viele dieser jungen Leute sehen sich laut Westerholt gezwungen, schnell Geld zu verdienen. „Ohne Anschlussperspektiven sind für manche nur Schwarz-Arbeit oder andere illegale Tätigkeiten eine Möglichkeit, dies zu erreichen“, so der Fachmann. Sie seien schließlich von Bildung, Arbeit und Regelleistungen ausgeschlossen. Die Schutzsuchenden empfänden es als Scheitern, wenn sie lediglich tatenlos das Asylverfahren abwarten müssten. Dabei sei dies derzeit der einzige Weg, wie es für sie überhaupt funktionieren könnte.

Westholt, der im Jugendmigrationsdienst 15- bis 27-jährige Neueingewanderte berät, drängt auf mehr Einheitlichkeit in der europäischen Asyl- und Einwanderungspolitik. Flüchtlinge und Helfer brauchten mehr Klarheit, auch für den Fall eines negativen Asylbescheids, so der Caritas-Mitarbeiter. Von wesentlicher Bedeutung sei außerdem die Entwicklung in den Herkunftsländern. Hier sei die Politik gefordert.

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