Sechs Beurteilungen möglich

Gab es übernatürliche Erscheinungen? Vatikan ändert Prüfverfahren

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Gab es an einem Ort übernatürliche Erscheinungen, zum Beispiel der Gottesmutter Maria? Da zu prüfen, dauerte bisher sehr lang. Nun gibt es neue Normen zur Beurteilung, die für einen pragmatischen Umgang sorgen sollen.

Der Vatikan vereinfacht das Verfahren zur Beurteilung übernatürlicher Phänomene. Der Chef der vatikanischen Glaubensbehörde, Kardinal Victor Fernandez, stellte neue "Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene" vor.

Demnach wird es für den jeweiligen Ortsbischof einfacher, nach möglichen übernatürlichen Erscheinungen die Anerkennung für Wallfahrtsorte zu erteilen oder zu verweigern. Das geschieht in Abstimmung mit der Glaubensbehörde.

Ein "nihil obstat" kann für Wallfahrten genügen

Der Bischof muss nun nicht mehr entscheiden, ob es sich bei den behaupteten Erscheinungen tatsächlich um übernatürliche Phänomene handelt. Diese Prüfung nahm in der Vergangenheit oft Jahre in Anspruch und führte mitunter zu widersprüchlichen Ergebnissen verschiedener Instanzen.

Stattdessen kann der Bischof jetzt pragmatisch entscheiden, ob er für Wallfahrten und Gottesdienste an einem behaupteten Erscheinungsort ein "nihil obstat" ("nichts steht entgegen") erteilt oder eine andere Einschätzung wählt. Sechs Einstufungen sind möglich.

Weitere Abstufungen

Sie reichen vom "nihil obstat" über "weiter beobachten" ("pro oculis habeatur"), eine kommissarische Beschlagnahme ("sub mandato") bis hin zum Verbot ("prohibetur"). Als schärfstes Negativurteil ist weiter die offizielle Feststellung möglich, dass sich definitiv keine übernatürlichen Ereignisse abgespielt haben ("declaratio de non supernaturalitate").

Auch die früher bei positiver Prüfung geforderte Feststellung, dass an dem Ort tatsächlich eine übernatürliche Erscheinung stattfand, ist immer noch möglich. Sie ist aber nicht mehr für ein "nihil obstat" erforderlich.

Bekannter Fall Medjugorje

Die neuen Richtlinien lösen Normen von 1978 ab, die oft zu jahrzehntelangen Verfahren führten. Die Materie war so heikel, dass der Vatikan sie 33 Jahre lang nur Bischöfen und Kirchenrechtlern mitteilte. Erst 2011 wurde sie allgemein veröffentlicht.

Konflikte zwischen der Kirchenleitung und selbsterklärten Sehern gibt es häufig. Der bekannteste Fall in Europa sind die mutmaßlichen Marienerscheinungen in Medjugorje. Dort erschien nach Auskunft der Betroffenen die Muttergottes sechs Jugendlichen erstmals 1981 und danach immer wieder und überbrachte Handlungsanweisungen an die Gläubigen.

Der Ort wurde ein Pilgerzentrum, zu dem alljährlich mehrere Millionen Menschen kommen. Eine kirchliche Anerkennung der dortigen Erscheinungsphänomene steht bis heute aus.

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