Reaktion nach Rolle des früheren Bischofs von Münster in Missbrauchsfall

Pfarreirat in Datteln für Umbenennung des „Reinhard-Lettmann-Hauses“

Der Pfarreirat in Datteln hat sich einstimmig dafür ausgesprochen, das „Reinhard-Lettmann-Haus“ im Geburtsort des früheren Bischofs von Münster umzubenennen. Das letzte Wort hat nun der Kirchenvorstand.

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In Datteln soll das Gemeindezentrum „Reinhard-Lettmann-Haus“ einen neuen Namen tragen. Nach einer öffentlichen Pfarreiratssitzung hat sich das Gremium am Mittwochabend in geheimer Abstimmung einstimmig dafür ausgesprochen, eine neue Bezeichnung für das 2014 errichtete Haus zu suchen.

Unter großer Beteiligung der Gemeindemitglieder diskutierten die Pfarreiratsmitglieder kontrovers über den Namensstreit und das langjährige Wirken des 2013 verstorbenen Bischofs Reinhard Lettmann. Der aus Datteln stammende Lettmann war von 1980 bis zu seiner Emeritierung 2008 Bischof von Münster. 

 

Leid gedeckt, Thema vertuscht

 

Zahlreiche Menschen kritisierten, dass Lettmann mit seinem Handeln viel Leid gedeckt und ermöglicht habe sowie das Thema vertuscht habe. „Es gibt keine Argumentation und auch keine hehren Motive, die sein Verhalten als Generalvikar entschuldigen“, sagte eine Teilnehmerin deutlich.

Einige wenige Gemeindemitglieder merkten an, dass die Reaktionen auf den Missbrauch im Zusammenhang der damaligen Zeit gesehen werden müssten und der Umgang damit nicht mit heutigen Maßstäben zu bewerten sei. Das konnte der Großteil der Zuhörer so nicht stehen lassen. „Heute darf das Verhalten nicht unter den Tisch gekehrt werden. Deshalb ist der Name nicht mehr tragbar“, betonte ein Teilnehmer. Und ein anderer ergänzte: „Wenn ich an die Opfer denke, muss das Haus umbenannt werden.“ Mit einem neuen Namen müsse ein Schlussstrich gezogen werden, „damit wir gut nach vorn schauen können“. Allerdings dürfe man nicht glauben, dass mit einer Umbenennung alles wieder in Ordnung sei. Die Geschichte müsse aufgearbeitet werden.

 

Letztes Wort beim Kirchenvorstand

 

Im öffentlichen Teil der Pfarreiratssitzung verwies Peter Frings, Interventionsbeauftragter des Bistums Münster, unter anderem darauf, dass das Bistum Münster unmittelbar davorstehe, eine externe Expertenkommission mit der Untersuchung des Umgangs mit Fällen sexuellen Missbrauchs im Bistum Münster seit 1945 zu beauftragen.

Das letzte Wort über die Umbenennung hat nun der Kirchenvorstand der Pfarrei St. Amandus, der am Donnerstagabend (27. Juni) zusammenkommt und voraussichtlich eine Entscheidung treffen wird. Der Kirchenvorstand ist das für die Gebäudeverwaltung und damit auch für die Namensgebung formell zuständige Gremium.

 

Der Fall Heinz Pottbäcker

 

Ende 2018 war bekannt geworden, dass Reinhard Lettmann Anfang der 1970er Jahre in seiner damaligen Funktion als Generalvikar im Bistum Münster damit befasst war, dass der Priester Heinz Pottbäcker, der zu diesem Zeitpunkt bereits wegen Missbrauchstaten gegenüber Kindern verurteilt worden war, innerhalb des Bistums mehrfach versetzt wurde und weiter als Seelsorger tätig war. An mindestens einem weiteren Einsatzort war es erneut zu Missbrauchstaten durch Pottbäcker gekommen.

 

Was Pfarrer Bernhard Frankemöller denkt

 

Über das Votum des Pfarreirats zeigte sich Pfarrer Bernhard Frankemölle aus Waltrop, der derzeit die Pfarrverwaltung in St. Amandus innehat, erfreut: „Es war eine engagierte, offene und respektvolle Diskussion in der Gemeinde. Der einstimmige Beschluss zeigt, dass es keine Spaltung in der Gemeinde gibt. Das war uns allen sehr wichtig.“

Unabhängig von der Entscheidung der Umbenennung sei zu überlegen, wie ein würdiges Andenken an Reinhard Lettmann möglich sein kann. „Viele Menschen haben sehr persönliche und gute Erfahrungen mit dem Bischof gehabt. Auch das sollten wir nicht vergessen“, sagte Frankemölle.

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