Katholikentags-Podium „Ein Herz und eine Seele?“

Professorin Maria Widl: Rezept gegen Konflikte in der Gemeinde

Wenn Streit zwischen traditionellen und modernen Katholiken Pfarreien belasten, können fünf Schritte zu neuem Miteinander helfen. Das zeigte ein Podium während des Katholikentags in Münster mit der Theologin Maria Widl aus Erfurt.

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Grundsätzlich unterschiedliche Deutungsmuster sind nach Ansicht der Erfurter Theologieprofessorin Maria Widl Hauptgrund für viele Konflikte in Pfarreien. Sie führten oft zu so verschiedenen Auffassungen zu Fragen rund um Gemeinde, Glaube und Liturgie, dass ein gütliches Miteinander aussichtslos erscheine, sagte die Pastoraltheologin in ihrem Impulsreferat bei der Podiumsdiskussion „Ein Herz und eine Seele – Umgang mit Unterschiedlichkeit und Konflikten in Pfarreien“.

Typischerweise gebe es Christen mit traditionellem, modernem und postmodernem Deutungsmuster. Jede Gruppe verstehe und deute das Katholische so unterschiedlich, dass es oft keinen Kompromiss geben könne. „Was den einen heilig ist, kann für die anderen ziemlich furchtbar sein“, so Widl.

 

Anstößige statt bunte Vielfalt

 

Etwa Traditionalisten, für die die Wahrheit des Glaubens unumstößlich feststehe und die den Denkansatz von Menschen nicht gelten lassen könnten, die Widl dem modernen Deutungsansatz zurechnet. Gegensätze seien manchmal so ausgeprägt, dass man in der Kirche nicht mehr von einer „bunten Vielfalt“ sprechen könne, sondern eher von einer „anstößigen Vielfalt“ reden müsse.

Professorin Maria Widl aus Erfurt bei ihrem Impulsreferat | Foto: Michael RottmannProfessorin Maria Widl aus Erfurt bei ihrem Impulsreferat | Foto: Michael Rottmann

Um diese Blockade zu überwinden, empfahl die Professorin mehrere Schritte. Erstens: dem anderen zugestehen, dass er anders ist als man selbst. Zweitens: bei aller Verschiedenheit den Blick auf Gemeinsamkeiten richten. Drittens: schauen, ob das Störende am anderen nicht der eigene wunde Punkt ist und sich fragen, was das Evangelium dazu rät.

 

Der Prozess macht gelassener

 

„Wer durch diesen Weg hindurchgegangen ist, ist gelassener und sicherer geworden und hat gleichzeitig die Position des anderen neu verstanden, mit seinen spezifischen Stärken und Schwächen.“, so Widl. Danach könne man Gespräche besser und fruchtbarer führen. „Wenn dieser vierte Schritt auch gelingt, entsteht eine neue Stufe von Gemeinschaft“. In einem fünften Schritt müsse man dann noch schauen, ob das Ganze mit der Lehre der Kirche übereinstimme.

Meinolf Winzeler, Pfarrer in St. Antonius Rheine, nannte Maria Widls Konzept eine wichtige Hilfe für seine eigene Arbeit. Er habe es schon vor Jahren kennengelernt und es sei für ihn als volkskirchlich geprägtem Seelsorger ein langer Weg gewesen, das anzunehmen und die Unterschiedlichkeiten zuzulassen.

 

Meinolf Winzeler hat es in Rheine umgesetzt

 

Keine einfache Sache auch in seiner Gemeinde, in der der Anteil von Menschen mit traditionellem Deutungsmuster groß sei, „und damit der Druck und die Erwartung, dass alles so bleibe oder so werde wie es war“.

Plakate illustrierten die Schritte zur Überwindung der Gemeindekonflikte. | Foto: Michael RottmannPlakate illustrierten die Schritte zur Überwindung der Gemeindekonflikte. | Foto: Michael Rottmann

Peter van Briel, Pfarrer in Halverde und Schulseelsorger, unterstrich die Bedeutung von Maria Widls Fünf-Schritte-Modell. „Es ist wichtig, dass wir miteinander reden“, sagte der Priester, der für die Karl-Leisner-Jugend auf dem Podium saß, ein Zusammenschluss von derzeit 15 Priester, die kirchliche Gruppenleiter unter anderem mit Katechesen, Wallfahrten oder Bibelarbeiten unterstützen wollen.

 

Peter van Briel sieht „innere Enge“ als Problem

 

Das größte Problem in Gemeinden sei, „dass wir viel zu eng geworden sind“. Andere, neue Wege würden ungern zugelassen. Nach dem Motto: „Wir haben doch gesagt, die Gottesdienste sollen so oder so sein. Und jetzt kommen die plötzlich und beten auf Latein, klatschen beim Singen oder haben eine Band dabei. Das muss doch nicht sein“. Oftmals fehle die innere Weite, sich an Unterschiedlichkeiten und Konflikten zu erfreuen.

In Gemeinden sei oft nicht konservativ oder modern das Problem. „Das Schwierige an einem Pfarrer ist nicht, ob er progressiv oder liberal ist, sondern ob er diktatorisch oder demokratisch vorgeht. Es gibt Konservative, die sehr demokratisch sind. Und es gibt Progressive, die sehr diktatorisch sind.“

Mit auf dem Podium diskutierte auch Martina Kastner, die Vorsitzende des Diösesanrates der Erzdiözese Freiburg.

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