Alexander Rolfes, Dozent für Rhetorik und Kommunikation, macht Mut:

„Schlagfertigkeit kann jeder lernen“

Alexander Rolfes (34) leitet an der katholischen Akademie Stapelfeld unter anderem Seminare zur Schlagfertigkeit. Der Sprechwissenschaftler und Theologe rät: Nach einem dummen Spruch auf keinen Fall schweigen, sondern reagieren!

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Alexander Rolfes (34) leitet an der Katholischen Akademie in Cloppenburg-Stapelfeld unter anderem Seminare zur Schlagfertigkeit. Der Sprechwissenschaftler und Theologe rät: Nach einem dummen Spruch auf jeden Fall nicht schweigen, sondern reagieren!

Es passiert immer wieder: Man hört einen dummen Spruch – und erst nach einer halben Stunde fällt einem eine originelle Antwort darauf ein. Was tun – reden oder schweigen?

Aus meinen Seminaren weiß ich, dass sich viele fragen, ob sie überhaupt in so einer Situation reagieren und etwas sagen dürfen. Diese Frage beantworte ich immer eindeutig mit „ja“. Zuvor ist ein Verhältnis zwischen den beiden Personen in eine Schieflage geraten, auch wenn die Äußerung nicht böse gemeint ist. Schlagfertigkeit setzt dort an, um dieses in Schieflage geratene Verhältnis wieder anzuheben.

Eine originelle Antwort hat aber nicht jeder sofort parat ...

Viele denken, dass schlagfertige Reaktionen immer besonders witzig und kreativ sein müssen, und alle im Raum, die das mitbekommen, sollen lachen. Das kann natürlich der Fall sein, muss es aber nicht. Viel wichtiger ist es, überhaupt etwas zu sagen und zu reagieren. Man sollte nicht schweigend den Raum verlassen, denn daraus resultiert Ärger.

Ist es sinnvoll, sich Sprüche anzueignen – quasi als erste Hilfe?

Alexander RolfesAlexander Rolfes (34) ist Sprechwissenschaftler und Theologe. | Foto: Willi Rolfes

In meinen Seminaren lasse ich keine Formulierungen oder witzige Sprüche einüben. Es geht nicht darum, Vokabeln zu lernen, sondern in kleinen spielerischen Simulationen überhaupt erst auf einen so genannten Angriff zu reagieren. Das kann schon ein Kopfschütteln oder ein Schulterzucken sein, aber auch eine Reaktion wie „Das seh ich anders“ oder „Ist mir egal“. Oder eine Nachfrage: „Was genau empfindest du denn jetzt an meinem Verhalten als merkwürdig?“ Damit beginnt schon Schlagfertigkeit.

Und wie kann man sich steigern?

Ich spreche in dem Zusammenhang gern von Übungen und Techniken. Ähnlich wie in einer Tanzschule oder in einer Fahrschule muss ich mich mit bestimmten Schritten oder Aktionen auseinandersetzen, sodass sie schließlich in Fleisch und Blut übergehen.

Könnten eingeübte Sätze nicht zumindest über die erste Schwelle hinweghelfen?

Mit Standard-Sätzen muss man sehr vorsichtig sein. Wenn ich mir eine solche Reaktion überlege, ich die immer wieder abfeuere, wirkt das auf keinen Fall mehr schlagfertig. Dann haben meine Gesprächspartner meine Reaktion schon im Ohr. Das geht gar nicht. Hier passt wieder der Vergleich mit der Tanzschule: Ich höre einen Rhythmus, wähle aber in diesem Fall einen unpassenden Tanzschritt. Der Tanzschritt an sich ist nicht falsch, aber er passt nicht zur Musik. Bei den Übungen zur Schlagfertigkeit geht es darum zu schauen: Was ist in dieser Situation, in der ich mich jetzt befinde, angebracht?

Kann man schlagfertiges Verhalten auch zuhause üben?

Ja, man kann es auf diese Weise üben. Ich empfehle aber, es in größeren Gruppen zu machen. Ich bediene mich dabei immer der Methode des Improvisationstheaters. Das Improvisieren auf der Bühne erfordert ja eine schnelle Reaktion auf unterschiedliche Spiel-Angebote. Damit kann man genau das trainieren, worauf es bei der Schlagfertigkeit ankommt.

Kann jeder Schlagfertigkeit lernen?

Definitiv. Es hilft den Teilnehmern in den Seminaren übrigens allein schon zu wissen, dass andere ähnliche Probleme haben.

Welche Rolle spielt beim Trainieren von Schlagfertigkeit das Selbstbewusstsein?

Viele meinen, dass sie das, was ihnen einfällt, eigentlich gar nicht sagen dürfen. Sie denken: Das macht man doch nicht! Wenn sie aber klar haben, dass sie das in dieser Situation doch dürfen, dann funktioniert es. Es geht überhaupt nicht darum, mein Gegenüber zu verletzen, sodass es nie wieder ein Wort mit mir spricht. Ich erprobe ja nicht das Beleidigen, sondern das Parieren, damit ich gut aus der Situation herauskomme. Wenn es an der Stelle „klick“ gemacht hat, ist man in der Lage, souverän zu reagieren.

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