Uwe Schürmann gibt einfache Ratschläge

Tipps des Sprech-Profis: Wie Lektoren gut durch die Lesung kommen

  • Lektorinnen und Lektoren können im Gottesdienst sicher und ansprechend vortragen, wenn sie ein paar Tipps beherzigen.
  • Sprechtrainer Uwe Schürmann informiert über Stimmhöhe, Artikulation und Atmung.
  • Dabei spielt die Lockerheit der Muskulatur eine entscheidende Rolle.

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Schrill, dumpf, nasal, sonor, verschleiert: Stimmen haben unterschiedliche Klangfarben. Manche erinnern an Alphörner, andere an hohes Geigenspiel oder an Tiere im Zoo. Aus der Stimme das Beste herauszuholen, damit das Publikum gern zuhört, ist Aufgabe des Sprecherziehers Uwe Schürmann.

In unzähligen Pfarreien im Bistum Münster hat er Lektoren-Gruppen geschult. Als Rhetorik- und Stimmtrainer leitet er aber auch Menschen an, die mit dem eigenen Wort Gehör finden wollen.

Der feine Unterschied zwischen Kopf- und Bruststimme

„Stimmhöhe, Artikulation und Atmung kann man verändern“, sagt Schürmann. In Fragen der Stimmhöhe litten Frauenstimmen allerdings generell an einer „bio-akustischen Ungerechtigkeit“. Wie groß oder klein ein Kehlkopf ist, sei natürlich nicht zu beeinflussen, wohl aber, ob jemand mit Bruststimme oder mit der eher als unangenehm empfundenen Kopfstimme spricht. Mit dem Wechsel zwischen Brust- und Kopfstimme spielt man beim Jodeln, man hört ihn aber auch bei Jungen im Stimmbruch.

„Die Stimme kippt im Noten-System beim zweigestrichenen D in die Kopfstimme. Da Frauenstimmen in der Regel eine Oktav höher liegen als Männerstimmen, haben sie diesen Kipppunkt viel schneller erreicht“, erklärt der Sprechprofi. Frauen, die sich in Konferenzen durchsetzen wollen, wird oft geraten, tiefer und lauter zu sprechen, um im Konzert der Männerstimmen mitzuspielen. Schürmann findet das falsch: „Die selbstbewusste höhere Frauenstimme unterhalb ihres Kipppunktes zur Kopfstimme fällt viel mehr auf.“

Muskeln lockern hilft beim Artikulieren

Für Souveränität in der Stimme sind entspannte Sprechwerkzeuge nötig. Um ein Gefühl dafür zu entwickeln, schlägt Schürmann eine Übung vor: „Den Kopf aufrecht tragen, also ob das Krönchen nicht herunterfallen dürfte. Legen Sie die Fingerspitzen hinten am Kieferwinkel auf den Unterkiefer und pressen Sie die Zähne zusammen: Die Kaumuskeln spannen sich an. Das spüren Sie auch hinter dem Ohr und mittig unter dem Kiefer. Lassen Sie locker, und spüren Sie von innen nach.“

Die aufrechte Körperhaltung sei dabei ausschlaggebend: „Entspannte Hals- und Nackenmuskeln lockern auch die Kau-, Zungen- und Mundmuskeln. Das macht das Artikulieren leichter. Wenn Sie den Mund locker öffnen können, vergrößert sich der Mund als Klangraum.“

Wie eine Gitarrensaite: Je straffer, desto höher

Uwe Schürmann ist Profi rund ums Sprechen: Als Stimmtherapeut, Sprecherzieher, Lehrlogopäde, Rhetorik- und Stimmtrainer, Rezitator, Sänger und Buchautor. | Foto: PicturePeople
Uwe Schürmann ist Profi rund ums Sprechen als Stimmtherapeut, Sprecherzieher, Lehrlogopäde, Rhetorik- und Stimmtrainer, Rezitator, Sänger und Buchautor. | Foto: PicturePeople

Eine zu hohe Stimme signalisiert dem Sprech-Profi hohe Anstrengung des Sprechers: „Wie eine Gitarrensaite – je straffer gespannt, desto höher. Im entspannten Zustand dagegen bilden die Stimmbänder eher tiefere Töne.“ Dazu hat der Profi gleich eine weitere Übung parat: „Legen Sie die Hand aufs Brustbein und summen Sie mit lockeren Lippen, sodass Sie die Vibrationen unter der Hand spüren. So klingt Ihre tiefe, entspannte Stimme. Das ist eine gute Übung, um ohne inneren Druck in eine neue Situation zu gehen.“

Entsprechend spielt die Atmung beim Sprechen fast die wichtigste Rolle. Damit die Luft reicht, sollten Redner kurze Sätze bilden, Lektoren sich zwischen zwei Sinnabschnitten eines Satzes einen Atemzug gönnen. „Dann holt der Körper sich reflexhaft die Luft, die er braucht.“

Wer deutlich artikuliert, muss nicht brüllen

Ob zugehört werde, das liege aber vor allem an der Präsenz des Sprechenden, sagt Rhetoriktrainer Schürmann: „Wenn ich glaube, etwas Wichtiges zu sagen, ist jeder Buchstabe wichtig. Genug Zeit und eine gute Artikulation sind das A und O.“ Wer zu schnell spricht, wird atemlos, artikuliert undeutlich und verliert rasch den roten Faden.

Außerdem: „Wer deutlich spricht, muss nicht so laut brüllen.“ Das gelte zum Beispiel für Lehrer und Sporttrainer. Wie gut man selbst artikuliert, lässt sich leicht mit der Sprachaufnahme des Smartphones überprüfen: „Flüstern Sie einen Text, sprechen Sie also keine Vokale aus. Wie verständlich Sie klingen, hängt davon ab, ob Sie alle Konsonanten deutlich aussprechen.“

Mut zur Meinung für Lektoren

Damit im Gottesdienst die Frohe Botschaft bei den Hörern ankommt, empfiehlt der Sprecherzieher den Lektorinnen und Lektoren neben der Kontrolle von Stimmhöhe, Atmung und Artikulation „Mut zur Meinung“. Es gebe keine falsche Betonung, sondern nur die, die spiegele, wie der Sprecher den Text versteht.

„Das Lektionar, aus dem im Gottesdienst die Bibeltexte vorgetragen werden, bietet da eine unschlagbare Hilfe, sind doch die Sätze bereits entsprechend ihrer Sinnzusammenhänge in Absätze unterteilt“, erinnert Schürmann. In jedem dieser Satzteile wird ein Wort betont – nach dieser Faustregel kommt ein Lektor gut durch die Lesung.

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