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Jemand handelt gewissenhaft! - Ein anderer hat Gewissensbisse! - Schließlich kann wieder ein anderer das, was andere von ihm verlangen, mit seinem Gewissen nicht vereinbaren. Offensichtlich hat das Gewissen eine große, innere Bedeutung für das, was der Mensch tun soll oder nicht; und das Gewissen beurteilt die Tat eines Menschen im Nachhinein als gut oder schlecht.
Also scheint das Gewissen von einer konkreten Tat ermunternd oder warnend auf den Menschen einzuwirken; nach einer Tat aber „sagt“ es dem Menschen, ob seine Tat gut oder schlecht war. Was ist eigentlich das Gewissen? Viele von uns haben früher gelernt, dass sich das Gewissen nach den Grundsätzen einer Autorität richtet; das heißt für Christen: nach dem Evangelium und den Lehren der Kirche; letzteres ist manchmal im Vergleich zum Evangelium leicht überbetont worden. Nach diesem Verständnis hat jemand ein gutes Gewissen, wenn er sich z.B. nach der kirchlichen Autorität richtet.
Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist diese Sicht von Gewissen zwar nicht außer Kraft gesetzt, aber es sind neue, wichtige und notwendige Aspekte dazugekommen. Vor allem: Der Mensch ist verpflichtet, nach seinem Gewissen zu handeln, weil im Gewissen die Verantwortung des Menschen für sich selbst und für die Welt zum Ausdruck kommt, und zwar Gott gegenüber, sich selbst gegenüber und seinen Mitmenschen gegenüber. Das bedeutet zunächst, dass der Mensch, der in Übereinstimmung mit seinem Gewissen handelt, dies verantwortungsvoll tut.
Medientipp:
Glaube im Wandel
60 Schlüsselbegriffe erklärt.
Ulrich Zurkuhlen
144 Seiten, 3,50 Euro
ISBN 978-3-933144-20-1
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Aber es bedeutet auch, dass einer nicht einfach nur zu tun hat, was Autoritäten ihm vorgeben, sondern dass sein Leben nur gelingt, wenn es mit voller persönlicher Einsicht und Zustimmung gelebt wird. Das wird besonders deutlich, wo Menschen sich bei einer schlechten Tat darauf berufen wollen, dass sie Befehlen „von oben“ gehorcht hätten, etwa bei den Prozessen um Naziverbrechen. Jeder Mensch hat in Verantwortung vor seinem Gewissen zu handeln und kann sich nicht auf „Befehl von oben“ berufen. Deswegen hat die nachkonziliare Theologie so nachdrücklich darauf hingewiesen, dass das Gewissen die letzte Instanz menschlich verantworteten Handeln ist, auch wenn es objektiv im Irrtum wäre.
Für viele, die sich lieber auf das verlassen, was andere ihnen als „richtig“ und als „falsch“ vorsagen, ist das bis heute schwer einsehbar. Aber das Gewissen ist die eigentlich entscheidende „Instanz“, die dem Menschen überhaupt erst möglich macht, als verantwortungsvoller Mensch zu handeln. Natürlich hat das Konzil das Gewissen nicht einfach in die Beliebigkeit des Menschen entlassen, sondern ihn beauftragt, sein Gewissen immer wieder zu bilden. Erziehung, Selbstbildung, Beratung und Erfahrungsaustausch sind notwendig zu einer reifen Gewissensentscheidung, die einer verantwortungslosen Uniformität ebenso widersteht wie dem Hang zur ebenso verantwortungslosen Beliebigkeit. Also: Wo die Botschaft des Evangeliums vom Menschen verinnerlicht und zur eigenen Lebensrichtung gemacht wird, kann ein „gewissenhaftes“ Christenleben nicht mehr schief gehen.