Kirche+Leben Lexikon

Was bedeutet Realpräsenz?

Der schwierige Glaubensbegriff „Realpräsenz“ heißt übersetzt einfach „wirkliche“ (= reale) „Gegenwart“ (= Präsenz) und meint die Gegenwart Jesu, seinen Leib und sein Blut in Brot und Wein bei der Eucharistiefeier.

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Eine Leserin hat uns gebeten zu erklären, was der schwierige Glaubensbegriff „Realpräsenz“ eigentlich bedeutet; übersetzt heißt das Wort ja einfach „wirkliche“ ( = reale) „Gegenwart“ (= Präsenz) und meint die Gegenwart Jesu, seinen Leib und sein Blut in Brot und Wein bei der Eucharistiefeier.

Tatsächlich ist von Anfang bis heute dieser Begriff schrecklich missverstanden worden. Schon die Leute aus Karfanaum fragen ungläubig: „Wie kann uns dieser sein Fleisch zu essen geben?“ (Joh 6, 52) Fast 2000 Jahre später meint die „Theologin“ Ranke-Heinemann, das Essen von Jesu Leib sei Essen von Menschenfleisch, also Kannibalismus. Und manch einer von uns hat früher gelernt, man verletzte Jesus, wenn man auf die heilige Hostie beiße; so habe ich es jedenfalls im Kommunionunterricht lange vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil gelernt.

Professor Klemens Richter hat in einem sehr bemerkenswerten Aufsatz darauf hingewiesen, dass in der Sprache der Bibel beider Testamente das Wort „Leib“ oder „Fleisch“ für den ganzen Menschen steht. Wenn es im Lukasevangelium (3, 6) heißt „Alles Fleisch wird schauen Gottes Heil!“ bedeutet dies „Alle Menschen...“ Paulus erklärt das Wort im Römerbrief (7, 18) sogar selbst: „Ich weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt!“

Wenn Jesus das Abendmahl mit seinen Jüngern heute feiern würde und in unserer heutigen Sprache ausdrücken würde, was er über die Gaben von Brot und Wein sprechen will, würde er etwa sagen: „Dies bin ich selbst! Dies bin ich für euch!“ Also: Wenn Christen das Brot (und den Wein) der Eucharistie empfangen, haben sie Anteil an Jesus selbst, an seiner Person, und zwar insofern er für uns heute wie damals da ist.

Medientipp:
Glaube im Wandel
60 Schlüsselbegriffe erklärt.
Ulrich Zurkuhlen
144 Seiten, 3,50 Euro
ISBN 978-3-933144-20-1
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Wenn wir in der Heiligen Messe beten: „Schenke uns Anteil an Christi Leib und Blut!“ meinen wir: Lass uns durch die Kommunion mit Christus Gemeinschaft haben! Denn er hat uns ja diese Gemeinschaft selbst angeboten: „für euch!“

Das entspricht übrigens unserem Sprachgebrauch. Wir haben etwas „am eigenen Leib“ erfahren! Das heißt: Wir haben es persönlich erfahren! „Unser eigener Leib“, das steht für „wir selbst, wir persönlich“. Wenn jemand sagt „Das ist mir in Fleisch und Blut übergegangen“, meint er nicht, er habe biologisch-körperlich verarbeitet, sondern: Das habe ich ganz und gar in meiner Existenz, in meinem Leben erfasst!

Eigentlich müssten wir es noch etwas präzisieren: Das „Blut“-Wort Jesu über den Kelch weist auf seinen Tod hin; denn Jesus spricht von dem „Kelch des Neuen Bundes in meinem Blut!“ (1 Kor 11, 25). Das Wort vom Blut ist also ein Hinweis auf Jesu Sterben. Wenn wir also die Worte „Dies ist mein Leib... Dies ist mein Blut!“ noch etwas genauer übertragen möchten, müssen wir etwa sagen: „Dies bin ich ganz persönlich in meinem Leben und in meinem Sterben für euch!“

In den Zeichen von Brot und Wein ist Jesus also in der Eucharistie „real“ „präsent“, also wirklich gegenwärtig als Person. Er ist allerdings nicht nur in den Zeichen des Mahles, also in Brot und Wein, „real präsent“, sondern auch in seinem Wort, das im Gottesdienst verkündigt und ausgelegt wird; diesen wichtigen Aspekt der Gegenwart Jesu hat ja das Zweite Vatikanische Konzil neu erschlossen, weshalb wir nicht nur den eucharistischen Gaben von Brot und Wein, sondern auch der Heiligen Schrift mit dem Wort Gottes große Ehrfurcht entgegenbringen.

Jesus ist auch „real präsent“ in der Gemeinde, die sich versammelt hat in seinem Namen; denn „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“. Jesus ist auch gegenwärtig in dem, der in seinem Amt Jesus repräsentiert. Klemens Richter: „Alle seine Gegenwartsweisen sind Gegenwart seiner Person mittels des Heiligen Geistes.“

Das Eigentliche, das Wesentliche der Dinge ist für uns das, was sie – auf je eigene Weise – für den Menschen sind und bedeuten. So ist für uns das Wesentliche am Brot, dass es irdische Nahrung für den Menschen ist. Bei der Verwendung des Brotes in der Messfeier wird dieses Wesentliche etwas ganz anderes: Jesu Leib als Nahrung für das ewige Leben. „Leib“ aber bedeutet im Hebräischen nicht eine Sache, sondern die ganze Person. Das Brot ist also für uns zur Person Jesu geworden.

Alle diese Ausdrücke bleiben aber suchende Annäherungen an das eigentliche Geheimnis. Wir dürfen uns dabei nicht vorstellen, dass der Leib Christi sozusagen stark verkleinert in uns kommt, so, wie er damals in voller Größe ein Haus betrat. Aber auch vor dem entgegengesetzten Fehler sollten wir uns hüten: diese Gegenwart „nur symbolisch“ zu nennen und darunter zu verstehen „nicht wirklich anwesend“. Besser ist es zu sagen: Das Brot wird seiner normalen Bestimmung entzogen und wird zu dem Brot, das der Vater selbst uns schenkt: Jesus selbst.

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