Drei Leben, drei Rückblicke

210 Jahre im Orden: Drei Schwestern feiern in Horstmar

Im Altenwohnheim der Schwestern der Göttlichen Vorsehung in Horstmar-Leer begehen drei Schwestern das 70-jährige Ordensjubiläum. Im Rückblick sprechen sie über ihre Arbeit als Erzieherin, Lehrerin und Köchin.

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Große Freude herrscht im Haus Loreto in Horstmar-Leer, dem Altenwohnheim der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung. Gleich drei Ordensfrauen können am 8. September auf 70 Jahre Ordensleben zurückblicken: Es sind Schwester Lucinde, Schwester Canisia und Schwester Hildemundis.

Eines eint sie alle: Sie sind während ihrer aktiven Zeit überwiegend in der Erziehung und Bildung tätig gewesen, aber auch in der Altenpflege. Diese Aufgaben hätten sie letztlich auch zum Eintritt in den Orden ermutigt, denn in ihm habe man die Ziele am besten erreichen können.

 

Soziale Not nach dem Krieg 1945

 

Im Noviziat habe man bereits erlebt, wie wichtig Gemeinschaft im Sinne der Spiritualität sei, erzählen die Schwestern. Alle hätten die soziale Not während des Zweiten Weltkrieges und danach kennen gelernt und erinnern sich noch an die Währungsreform.

Lebendig geblieben sind ihnen die zerbombten Städte und die geflüchteten Menschen.  Dass es nie wieder so werde wie in der Nazi-Zeit, hat sie bewogen, sich um die Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu kümmern.

 

Aufgaben einer Erzieherin

 

Jeder sei dort abgeholt worden, wo er war. Die soziale Erziehung und religiöse Ausrichtung habe immer im Vordergrund gestanden. Einen Bruch erlebten die Ordensfrauen in der 68er Bewegung. Plötzlich habe es antiautoritäre Erziehung gegeben mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen der Freizügigkeit. Man habe sich in den Kindergärten und den Schulen darauf einstellen müssen.

Für die Ordensfrauen selber war das Zweite Vatikanische Konzil von 1962 bis 1965 ein einschneidendes Ereignis  mit der Konsequenz auch einer Lockerung im Ordensleben. Die strenge Klausur sei einem größeren Gemeinschaftsgefühl gewichen. Man habe als Ordensfrau auch wieder das Elternhaus besuchen dürfen.

 

Schleier mit Weitsicht

 

Für alle sichtlich war die Änderung der Ordenskleidung. „Rundumsicht statt Weitsicht“ hieß es unter den Schwestern bei der Änderung des doch sichtbehindernden Schleiers.

Es gab nicht mehr die Generaloberin, sondern die Koordinatorin als Ergebnis einer Änderung in der Hierarchie. „Wir haben unsere Fähigkeiten eingesetzt und praktiziert“, blicken alle drei Schwestern auf ein bewegtes Leben im Dienst der Menschheit entsprechend dem Leitbild ihres Ordensgründers, des Priesters Eduard Michelis (1813-1855), zurück, der vom sozialen Elend, von der körperlichen und geistigen Vernachlässigung und der moralischen und seelischen Not der Kinder und Waisen aus den ärmsten Bevölkerungsschichten der Stadt Münster betroffen war. 1842 gründete er die Schwestern der Göttlichen Vorsehung, die zunächst für ein Waisenhaus zuständig waren.

 

Seelische Not der Waisenkinder

 

Aus dem tiefen Glauben der Ordensschwestern  an die Göttliche Vorsehung erkannten sie in der Herausforderung der Zeit einen Anruf Gottes und stellten sich ihm in der Haltung christlicher Liebe.

Die drei Ordensfrauen sehen ihr Lebenswerk als bereichernd an. Sie finden nun im Alter Zeit, um in die Tiefe des Glaubens zu gelangen. Ins Innere gehen, Abstimmung mit Gott, laute ihre Devise. Der Rückblick auf das vergangene Leben mache dabei glücklich, frei und lebendig, sagen die Ordensfrauen im Gespräch.

Schwester Lucinde, geborene Siesmann, wurde 1926 in Stadtlohn geboren. Sie machte zunächst eine kaufmännische Lehre, danach das Noviziat in der Friedrichsburg in Münster. Gearbeitet hat sie als Erzieherin in Kindergärten in Recklinghausen und Goch. Sie besuchte eine Werkkunstschule in Gladbeck und war von 1966 bis 1992 Werklehrerin für Keramik und Ton im Vincenzheim im Gladbeck. Danach war sie Oberin im Michelis-Haus  in Gladbeck. Seit 2011 lebt sie im Haus Loreto.

Schwester Canisia, geborene Weischer, wurde 1925 in Emsdetten geboren. Sie besuchte das Gymnasium bis zur Quarta, dann wurde die Schule geschlossen und sie ging zur Realschule. Nach einer Drogistenprüfung besuchte sie die Fachschule für Erzieherinnen in Hamm und ein Jugendleiterseminar. Sie war Erzieherin und auch Leiterin in Kindergärten in Warendorf, Recklinghausen, Dülmen und Datteln. Zwölf Jahre war sie Provinzoberin. Sie wirkte als Altenseelsorgerin und Sterbebegleiterin. Seit 2010 lebt sie im Haus Loreto.

Schwester Hildemundis, geborene Schulze Temberge, wurde 1925 in Epe geboren.Sie war die Jüngste von 15 Kindern und musste auf dem heimischen Bauernhof mithelfen. Sie erlernte im Josefstift in Emsdetten Küchendienst und war in der Marienburg in Coesfeld und in Bottrop tätig. Nach elf Jahren Tätigkeit in Küchen ging sie nach entsprechender Ausbildung in die Altenpflege, zunächst in Aachen, dann in Walsum und Winnekendonk, einer Ortschaft von Kevelaer. Danach arbeitete sie 16 Jahre in Stadtlohn im Haus für alte Schwestern. Seit 2012 ist sie im Haus Loreto.

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