Schwester Philippa Rath über Masken, Fassaden und ein großes Ja

Auch nach Karneval und Kater: Wir sind zur Freude geboren

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Helau und Alaaf, Singen und Schunkeln, Lachen und Bützen: Karneval feiert die Leichtigkeit des Lebens. Deren Urgrund heißt Freude - die zu entdecken und zu pflegen nichts nur für die jecken Tage ist. Sagt eine berühmte Ordensschwester: die Benediktinerin Philippa Rath in ihrem Gast-Kommentar.

Die Karnevals- und Fastnachtssaison treibt ihrem Höhepunkt entgegen. Landauf landab versammeln sich Abertausende von Närrinnen und Narren zu Sitzungen und Umzügen. Am Rosenmontag ist es dann endlich soweit: Die Welt gerät scheinbar aus den Fugen und viele sind im wahrsten Sinne des Wortes außer Rand und Band.

Wenn man genauer hinschaut, sieht man allerdings, dass sich hinter manch ausgelassener Fassade oft ganz anderes verbirgt: Da schaut ein Clown unendlich traurig in die Welt hinein; da erscheint ein kostümierter Engel ganz plötzlich gewaltbereit und aggressiv; da wird Humor zur beißenden Häme und Witze erstarren in grellem Zynismus. 

Der Kater folgt auf dem Fuße

Die Autorin
Schwester Philippa Rath OSB ist Benediktinerin der Abtei St. Hildegard in Rüdesheim am Rhein. Sie studierte Politikwissenschaften, Theologie und Geschichte und war vor ihrem Klostereintritt Redakteurin in verschiedenen deutschen Medien. Im Kloster ist sie Geschäftsführender Vorstand der Klosterstiftung St. Hildegard sowie verantwortlich für den Freundeskreis der Abtei und für die Pressearbeit. Sie ist Delegierte der deutschen Orden im „Synodalen Weg“ und Mitglied im Forum „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“.

Blaise Pascal, der große Mathematiker und überzeugte Christ, hat einmal gesagt: „Der Mensch ist für die Freude geboren“. Das erfahren wir in diesen Tagen hautnah. Einerseits. Andererseits scheint es mit der Freude aber gar nicht so leicht zu sein. Echte Freude ist ja auch viel mehr als Ausgelassenheit und Spaß haben zur fünften Jahreszeit. 

Nicht selten folgt der Kater auf dem Fuße. Es gibt immer auch ein Danach. Vielleicht bewährt sich die wahre Freude erst im schlichten Alltag unseres Lebens, in den vielen kleinen und großen Herausforderungen, in Zeiten der Enttäuschung und der Trauer oder auch in Zeiten, die vielleicht leer und einsam sind.

Die Schwester der Liebe

Wirkliche Freude, davon bin ich überzeugt, ist unabhängig davon, ob wir gerade lustig und gut aufgelegt sind, oder ob unser Leben äußerlich gesehen gelingt und erfüllt ist. Echte Freude offenbart sich für mich immer dann, wenn wir uns geliebt wissen, aufgehoben und geborgen in einem großen Ja, das letztlich im Ja Gottes zu jedem Menschen und zu mir ganz persönlich gründet. Die Freude ist für mich die Schwester der Liebe. 

Und so können wir Freude schenken, wenn wir Gottes bedingungslose Liebe zu uns an andere weitergeben.

Gebunden an den Bedingungen der Liebe

Das kann bisweilen anstrengend, ja sogar Arbeit sein. Und es erfordert Mut, die vielen Bedingungen, die wir in der Regel an unsere Liebe knüpfen, einmal loszulassen. Wie viel Energie könnte dabei frei werden, wie viel echte und bleibende Freude könnte dadurch entstehen!

Es hat seinen Sinn, dass dem Karneval die Fastenzeit folgt. Eine Zeit, in der wir eingeladen sind, über alte Verhaltensmuster nachzudenken und Neues auszuprobieren. Ein Versuch könnte sich lohnen. Vielleicht entdecken wir dann eine ganz neue inwendige Freude, die uns nichts und niemand nehmen kann.

In unseren Gast-Kommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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