Nachgefragt in der Pilotregion im Landkreis Greiz

Bezahlkarten für Asylbewerber – wie läuft es, wo hakt es?

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Alle Bundesländer planen Bezahlkarten für Asylbewerber. Im Landkreis Greiz in Thüringen gibt es sie bereits. Kirche+Leben hat eine Migrationsberaterin der Diakonie nach Erfahrungen gefragt.

Eine Bezahlkarte für Asylbewerber „darf ihre Inhaber nicht ausgrenzen“. Das fordert im Gespräch mit Kirche+Leben die Migrationsberaterin Ines Jahn-Werner. Sie berät auch Geflüchtete im thüringischen Kreis Greiz, wo im Dezember eine solche Karte als Pilotprojekt eingeführt worden war.

In einzelnen Gesprächen gebe es Rückmeldungen zur Karte, sagt Jahn-Werner, Leiterin des Fachbereichs „Migration und Flüchtlingsarbeit“ der Diako Thüringen, die zum evangelischen Diakonischen Werk gehört. Sie sieht insbesondere die Grenzen der Karte skeptisch.

Bezahlkarte: „Zugang zu Dienstleistungen“ muss möglich sein

Sie müsse „Zugang zu den Dienstleistungen ermöglichen, die jeder Bürger hat“, mahnt Jahn-Werner. So müssten Überweisungen und Abbuchungen möglich sein, „zum Beispiel für einen Handyvertrag“. Auch für das Deutschlandticket im Nahverkehr sei eine Bankverbindung nötig.

Zudem dürfe die Bezahlfunktion nicht auf einen Landkreis beschränkt sein – „zum Beispiel, wenn jemand in die Nachbarstadt oder den Nachbarkreis fahren muss für einen Facharzttermin“, erläutert Jahn-Werner.

Durch Bezahlkarte „Menschen werden weiter an den Rand gedrängt“

Auch solle es Taschengeld weiterhin bar geben, damit zum Beispiel „ein Kind ein wenig Geld mit auf den Schulausflug nehmen kann“. Im Landkreis Greiz werden nach dessen Angaben „nach individueller Berechnung ca. 100 Euro als Taschengeld bar ausgehändigt“.

Insgesamt fürchtet Jahn-Werner, Bezahlkarten würden die Inhaber „eher weiter an den Rand drängen“ als sie zu integrieren. Die Diakonie-Fachfrau appelliert an die Kommunen, vor der Einführung einer Bezahlkarte mit den sozialen Trägern und ihren Praktikern zu sprechen.

Die geplante Karte

Bund und Länder hatten sich im November darauf verständigt, dass Asylbewerber zumindest einen Teil ihrer Leistungen künftig als Guthaben auf eine Bezahlkarte bekommen. Während Bayern und Mecklenburg-Vorpommern eigene Wege gehen wollen, haben sich jetzt 14 Länder auf ein gemeinsames Vergabeverfahren verständigt.

Die Karte soll ohne Kontobindung sein. In welcher Höhe Leistungen dann noch in Bargeld ausgezahlt werden, soll jedes Land selbst entscheiden. Nicht vorgesehen sind ein Einsatz im Ausland, Karte-zu-Karte-Überweisungen und Geldtransfers in die Herkunftsländer der Geflüchteten.

So läuft es in Greiz (Thüringen)

Im Pilot-Landkreis Greiz werden die personalisierten Prepaid-Karten monatlich vom Landkreis aufgeladen, teilt dieser mit. Eingesetzt werden können sie dort, wo Kartenzahlung mit Mastercard akzeptiert wird. Die Nutzung ist auf die Postleitzahlen des Landkreises begrenzt. Bargeld abzuheben, ist nicht möglich, auch Überweisungen nicht.

Ob Bezahlkarten flächendeckend kommen, ist allerdings unsicher. Die nordrhein-westfälische Staatskanzlei sagte dem WDR, es gebe keinen „Anschlusszwang“ für die Kommunen. Der Sender berichtet, ihm gegenüber hätten sich bereits Kommunen skeptisch geäußert, ob der Verwaltungsaufwand sinke.

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