Pläne für 2024: Klare Themen, klare Regeln - und kein Kaffeeklatsch

Die Glücksfrauen von Rastede und ihre Suche nach dem Glück

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Was macht einen Frauen-Gesprächskreis so erfolgreich, dass er eine Warteliste führen muss? Es ist wohl das Thema „Glück“, die Idee der Gründerin Inge Schmatloch – und auch sie selbst.

Ihr Lächeln ist eine Art Markenzeichen, das nach jedem ihrer Sätze fröhlich aufleuchtet. Schon damit strahlt Inge Schmatloch etwas aus von dem, um was es ihr geht: „Glück“, sagt die 71-Jährige kurz, schmunzelt und zieht wie ein Beweisstück den Weihnachts-Pfarrbrief ihrer Gemeinde hervor. „Eure Glücksfrau Inge“ steht unter einem Text über das Projekt, das sie vor acht Jahren in Rastede (Kreis Ammerland) gegründet hat und das seither ihr Herzensanliegen ist: die „Glücksfrauen von Rastede.“

Die „Glücksfrauen“ – das sind derzeit 18 Frauen, die sich etwa 20 Mal im Jahr treffen, immer dienstags von halb zehn bis elf. „Frauen in der zweiten Lebenshälfte“, erklärt Inge Schmatloch. Und immer steht ein Thema im Zentrum, das ihnen bei der Suche nach dem Glück helfen soll.

Frage nach Glück im Mittelpunkt

Themen wie „Gut gemacht! – Warum wir Lob brauchen“ zum Beispiel, „Wenn nicht jetzt – wann dann?“, „Nur nicht zu perfekt!“ oder „Das Leiden an der Freizeit!“ Es gibt einen Text und Gedanken dazu - manchmal auch ein Gebet - und einen Impuls. Und dann sprechen die Frauen anderthalb Stunden über ihre Erwartungen und Gedanken.

„Wir bleiben dabei immer eng am Thema“, betont Inge Schmatloch. Denn auch wenn sie jedes Mal Kuchen gebacken und die Tische dekoriert hat - ein Kaffeeklatsch sei das nicht. Akribisch bereitet sie die Treffen vor, sucht nach passenden Texten und denkt sich Impulsfragen aus. Feste Regeln gibt es auch. „Es wird nicht kritisiert. Jede Meinung wird respektiert.“ Und alle können sich vor allem auf eines verlassen: „Das Gesprochene bleibt im Raum. Sonst könnten wir nicht offen reden.“

Alles Gesprochene bleibt im Raum

Inge Schmatloch achtet darauf, dass jede Frau zu Wort kommt und sich mit ihrer Sicht einbringen kann. So kämen fast immer gute Diskussionen zustande. Bei denen Frauen zwischen 60 und 89 Jahren sich gegenseitig Tipps geben, stützen und stärken. „Wir spüren dabei zum Beispiel, wie wertvoll Lebenserfahrung ist“, sagt die Leiterin.

Immer wieder kommen auch Sorgen oder Kummer auf den Tisch. Etwa das Leiden an der Einsamkeit von Teilnehmerinnen, die ihren Partner verloren haben, und deren Kinder es weit weg verschlagen hat, ihre Langeweile an Sonntagen, wenn niemand anruft. Die Frage: „Was mache ich dann?“

Einsamkeit ist für viele ein Problem

Gerade Einsamkeit sei für viele Frauen ein Problem. Das wusste Inge Schmatloch schon aus ihrem Berufsleben als Pfarrsekretärin. Oft genug hatten vor allem ältere Frauen im Pfarrbüro angerufen. „Sie wollten nur mal fünf Minuten reden, weil sie schon seit Tagen mit niemandem mehr gesprochen hatten.“

Besonders für solche Frauen wollte sie nach dem Eintritt in den Ruhestand etwas auf die Beine stellen. „Ich hatte ja viel Zeit.“ Beim Walken im Park kam ihr der Idee für den Namen und für das Konzept: „Glücksfrauen“ – ein Gesprächskreis, wo Frauen darüber sprechen, was für ihr eigenes Glück wichtig ist, verheiratete Frauen ebenso wie alleinstehende.

Sorgen und Kummer für ein paar Stunden vergessen

„Für mich ist das Wichtigste, dass die Frauen glücklicher rausgehen als sie kommen.“ So beschreibt Inge Schmatloch ihren Ansatz. „Viele Frauen kommen mit Erfahrungen von Krankheit und Sorgen, etwa um die Kinder. Sie genießen es, mit den Glücksfrauen einen Kreis gefunden zu haben, wo sie all das mal eine Zeit lang vergessen können.“

Von den Reaktionen der Teilnehmerinnen weiß sie, wie gut ihnen der Austausch tut. Manchmal ist ihr die Begeisterung fast schon peinlich. Wenn eine Frau sie nach einem Treffen in den Arm nimmt und schwärmt, wie schön es wieder mal gewesen sei. Daran spürt sie aber eben auch, wie groß die Sehnsucht nach solchen Gelegenheiten ist.

Vielleicht ja auch „Glücksmänner“

Diese Sehnsucht kann sie auch an der Nachfrage ablesen. Zum ersten Treffen 2015 kamen fünf Frauen. Damals reichte noch der kleine Raum im Pfarrheim. Einige Zeit später waren fast ein Dutzend da, so dass die Gruppe in die alte Pfarrbücherei umzog. Und seit sie zu 18 sind, nutzt der Kreis den großen Pfarrsaal. Auch wenn dort genug Platz für eine größere Gruppe wäre - noch mehr Frauen sollen es nicht werden. „Sonst wird es zu viel.“ Im Moment führt Inge Schmatloch eine Warteliste.

Die ersten zehn Themen bis Ende März hat sie schon vorbereitet und in einem dicken Ordner fein säuberlich abgeheftet. Danach ist Pause und später im Jahr folgen die nächsten zehn „Glückstreffen“ für 2024. Ein Vorbild für das Konzept der „Glücksfrauen“ hatte die Gründerin nicht. Alles ist selbst erarbeitet. Ihr wäre es zu viel - aber natürlich würde sie sich freuen, wenn andere ihre Idee aufgreifen und noch weitere ähnliche „Glückskreise“ in der Gemeinde oder anderswo gründen würden. „Warum nicht?“, sagt sie, „Vielleicht ja auch einen für Männer.“

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