Erzbischof hält Festrede beim Kramermahl in Münster

Kardinal Marx empfiehlt Lektüre der Schriften von Karl Marx

Kardinal Reinhard Marx aus München hat in der Festrede beim Kramermahl in Münster empfohlen, sich intensiver mit den frühen Schriften des Philosophen Karl Marx zu beschäftigen. Er erinnerte auch an die Gedenkjahre 1618, 1818 und 1918.

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Kardinal Reinhard Marx hat empfohlen, sich intensiver als bisher mit den frühen Schriften von Karl Marx zu beschäftigen, an dessen Geburtstag vor 200 Jahren in diesem Jahr erinnert wird. Beim traditionellen Kramermahl im Rathaus von Münster sagte Marx am Freitagabend, die Rezepte seines Namensvetters seien untauglich, „aber die Analysen sind frappierend“. Dies gelte zum Beispiel für die Feststellung, dass Arbeit zur Ware werde. „Wir werden eine Renaissance erleben“, erklärte der Münchener Erzbischof mit Blick auf den Sozialismus.

Christen seien gefragt, über den Kapitalismus und Sozialismus hinauszudenken, sagte Marx mit Hinweis auf die Enzykliken „Centesimus annus“ von Papst Johannes Paul II. und „Laudato si“ von Papst Franziskus. Derzeit erlebe die Welt einen „überdehnten Kapitalismus“. Die sozialen, politischen und ökologischen Folgen seien zu spüren. Nötig sei eine Weltordnungspolitik, um dafür zu sorgen, „dass die Wirtschaft dem Menschen dient und nicht umgekehrt“.

 

Erzbischof erinnert an 1618, 1818 und 1918

 

Marx erinnerte neben dem Jubiläumsdatum 1818 als Geburtsjahr von Karl Marx auch an die Jahre 1618 mit dem Beginn des Dreißigjährigen Kriegs und 1918 mit dem Ende des Ersten Weltkriegs. Nach dem Westfälischen Frieden von 1648 sei darüber diskutiert worden, ob die Religion eine Quelle des Friedens oder des Unfriedens sei. „Diese Diskussion ist wieder da“, sagte Marx und verwies darauf, dass der Dreißigjährige Krieg auch ein „religiös aufgeladener Krieg“ gewesen sei. Religion dürfe nicht für politische Zwecke benutzt werden. Das Christentum könne zeigen, „dass Gott anders ist“, erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz.

Der Erste Weltkrieg, der vor hundert Jahren endete, sei die „Urkatastrophe Europas gewesen“, bei der auch „Christen gegen Christen“ gestanden hätten. Zum Ende dieses Krieges 1918 sagte Marx: „Dieses Datum ist ein riesiger starker Impuls, Europa aufzubauen und dem Nationalismus abzusagen.“ Europa sei ein wichtiges Projekt für Christen. Dieser Impuls müsse auch nach außen gegeben werden.

 

Als „echter Westfale“ begrüßt

 

Zuvor hatte sich Marx im Beisein von 380 Gästen aus Politik, Kirche und Gesellschaft ins Goldene Buch der Stadt Münster eingetragen. „Pax vobis“ - „Der Friede sei mit Euch“, schrieb er in das Buch. Münster ist im Mai Gastgeber des 101. Katholikentags unter dem Motto „Suche Frieden“. Im Friedenssaal erinnerte Bürgermeister Markus Lewe (CDU) an den Westfälischen Frieden. „Heute erleben wir Europa als ein großes Glück“, sagte Lewe. Dieses Glück sei aber auch zerbrechlich. Verleger Benedikt Hüffer begrüßte den aus Geseke bei Paderborn stammenden Marx im Namen der Münsterschen Kaufmannschaft als „echten Westfalen“. Das Kramermahl in Münster ist ein festliches Abendessen im historischen Rathaus, das an mittelalterliche Gildemahle der Kaufleute der Stadt erinnert.

An der Veranstaltung nahmen auch die Bischof Felix Genn aus Münster und Franz-Josef Overbeck aus Essen sowie von der Bistumsleitung Generalvikar Norbert Köster und die Weihbischöfe Christoph Hegge, Rolf Lohmann, Wilfried Theising und Stefan Zekorn teil. Zu den Gästen gehörten neben anderen auch Mitglieder des Domkapitels, Stadtdechant Jörg Hagemann und der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg.

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