Ruheständler macht Halt in Albersloh

Von Bären und spontanen Einladungen - Priester Paus pilgert durch Europa

Anzeige

Der Priester Hans-Gerd Paus pilgert derzeit durch Europa. Er möchte ein Kreuz über den Kontinent laufen – vom Nordkap bis Sizilien und von Istanbul bis zum Kap Finisterre. Bis Weihnachten möchte er in Südtirol angekommen sein. Am Samstag hat er Halt in Albersloh gemacht und über seine bisherigen Erlebnisse erzählt.

Pro Tag wandert der Priester Hans-Gerd Paus circa 25 Kilometer. Er befindet sich aktuell auf einer Pilgerreise, die ihn vom nördlichsten bis zum südlichsten Teil Europas und vom östlichsten bis zum westlichsten Punkt des Kontinents führen soll. Gestartet ist er am 29. Juli dieses Jahres am Nordkap in Norwegen. Ende Februar bis Mitte März 2024 möchte der 67-Jährige im Süden der italienischen Insel Sizilien angekommen sein. Danach pilgert er auf einer zweiten Etappe vom türkischen Istanbul in den spanischen Wallfahrtsort Santiago de Compostela und bis hin zum Kap Finisterre.

Paus berichtet von berührenden Erlebnissen

Am Samstag hat Paus in seinem bisherigen Wohnort Sendenhorst-Albersloh (Kreis Warendorf) einen Zwischenstopp eingelegt und dort mit der Gemeinde die Vorabendmesse gefeiert. Im Anschluss lud er Interessierte zu einem gemeinsamen Buffet ins dortige Pfarrheim ein. Dieser Einladung sind neben Familienmitgliedern, Freundinnen und Freunden sowie alten Bekannten auch zahlreiche Menschen gefolgt, die Paus zuvor noch nicht persönlich kannte. Er hatte zu Beginn seiner Pilgerreise das Angebot ausgesprochen, ihm per App oder Mail schriftlich Wünsche und Bitten mitzuteilen, die er dann unterwegs in seine Gebete einschließt. Einige der Menschen, die ihm ihre Gebete zugesendet haben, wollten nun die Gelegenheit nutzen, den wandernden Priester persönlich zu treffen.

In fast vier Monaten auf Wanderschaft hat der ehemalige Gefängnisseelsorger Paus viel erlebt. Als sehr berührend beschreibt er die Offenheit und Herzlichkeit, mit der ihm die Menschen im hohen Norden begegnet seien. So wurde er in Norwegen und Schweden immer wieder von Vorbeikommenden gefragt, ob sie ihn in ihrem Auto oder Lastwagen ein Stück mitnehmen könnten. Als er eines Nachts keine Unterkunft hatte und wegen einer anstehenden Bärenjagd davor gewarnt wurde, im Wald zu zelten, bot ihm eine Frau spontan an, bei ihr und ihrer Familie zu übernachten. Dort sei er wie ein Freund aufgenommen worden und habe tolle Gespräche mit den Leuten geführt.

Weihnachten in Südtirol geplant

Die Angst vor einer Begegnung mit Bären in den skandinavischen Wäldern sei eine der weniger schönen Erfahrungen, die Paus auf seiner Reise gemacht habe. Gleichzeitig habe es ihm aber auch gefallen, die Kraft der Natur zu spüren. „Aber wenn ich Pech habe, werde ich Bärenfutter“, stellt er schmunzelnd fest. Dieser Gefahr ist er zum Glück nicht immer auf seiner Reise ausgesetzt. Wenn es die Bedingungen nicht zulassen, im Freien zu zelten, übernachtet Paus beispielsweise in einem Airbnb. Oder sein Weg führt ihn in die Nähe von Freundinnen und Freunden oder bekannten Pfarrern in anderen Pfarreien, bei denen er für eine Nacht bleiben kann. Das Weihnachtsfest möchte er in diesem Jahr bei Freunden in Südtirol verbringen.

Paus freut sich schon jetzt darauf, am Dienstag weiterwandern zu können. Dann geht es von Sendenhorst über Münster, Ascheberg-Herbern und Dortmund in Richtung Bonn. Bis dahin hat er bisher vorgeplant, wo er in den Nächten unterkommen wird. Alles Weitere ergibt sich auf seinem Weg. Das Pilgern habe ihn noch neugieriger auf andere Menschen und Begegnungen mit ihm fremden Kulturen gemacht, berichtet Paus. Er sieht das Leben als Geschenk und formuliert dies in seiner Predigt am Samstagabend wie folgt: „Manchmal liegt unser Leben in Trümmern. Doch meine Pilgerreise hat mich gelehrt: Wir dürfen auf Gott vertrauen, dass auch aus Trümmern ein Palast gebaut werden kann.“

Darum ist Paus das Pilgern so wichtig

Wann er seine zweite Etappe von Istanbul bis Santiago de Compostela antreten kann, weiß Paus noch nicht genau. Er war an Lungenkrebs erkrankt und muss deshalb weiterhin regelmäßig zu medizinischen Untersuchungen. Solche stehen wieder für ihn an, nachdem er die erste Etappe seiner Pilgerreise in Sizilien beendet hat. Sobald die Untersuchungen abgeschlossen sind, möchte er sich auf den zweiten Abschnitt begeben. Hierfür hat er 160 Tage eingeplant. Allerdings hat er sich bereits jetzt vorgenommen, „auf keinen Fall im Winter durch Rumänien und Bulgarien zu pilgern“. Die Gefahr, dort von Bären angegriffen zu werden, sei ihm zu hoch.

Auf die Frage, warum ihm das Pilgern so wichtig sei, versucht Paus, eine längere Geschichte kurzzufassen: In seinem Leben wollte er sich mit vier Elementen der Bibel intensiv beschäftigen. Als Erstes die Auferstehung: „Ich wollte jeden Tag unter die Erde sinken und von den Toten auferstehen“. Um diese Erfahrung zu machen, hat er eine Zeit lang in einem Bergwerk zwischen Kamp-Lintfort und Moers angeheuert. Zweitens sei ihm aufgefallen, dass alle wichtigen Ereignisse der Bibel mit einem Berg zu tun hätten. Deshalb hat er ein Jahr lang eine Hütte in den italienischen Alpen bewirtschaftet. Als Drittes habe ihn das Zitat aus dem Evangelium beschäftigt, wonach der Mensch nichts habe, wo er sein Haupt hinlegen könne. Hieran anschließend hat Paus ein Jahr lang in seinem Auto gelebt statt in einer Wohnung. Seine aktuelle Pilgerreise bezieht er auf den Vierten seiner Punkte: Die Kirche habe schon früh von sich als „Kirche auf dem Weg“ gesprochen und auch heute sei das offiziell ihr Anspruch. Diesen möchte Paus selbst durch sein Pilgern konkret umsetzen. Er möchte von Nord nach Süd und von Ost nach West ein Kreuz durch Europa wandern.

Anzeige