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Sind Sie auch schon „von Pontius nach Pilatus“ gelaufen? Oder haben Ihre Hände „in Unschuld gewaschen“? Wir sagen, was all das mit der Passion Jesu zu tun hat.
Viele Redensarten gehen auf die biblische Passionsgeschichte zurück. Sie haben durch die erste Bibelübersetzung Martin Luthers den Weg in die deutsche Sprache gefunden, argumentiert der Theologe Johann Hinrich Claussen, Kulturbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Beispiele sind etwa die Bitte Jesu an Gott Vater im Garten Gethsemane angesichts seines nahen Schicksals und Todes: „Möge dieser Kelch an mir vorübergehen.“ Gelegentlich zu hören ist auch der Ausspruch: „Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach“ – etwa, wenn sich jemand vergeblich vorgenommen hat, zu fasten.
„Da kräht kein Hahn nach“
Diese Redewendung findet sich bereits in Wörterbüchern des 19. Jahrhunderts. Dort heißt es zur Bedeutung: „Niemand kümmert sich darum, die Sache wird kein Aufsehen machen.“ Sie geht auf das Matthäusevangelium zurück: Jesus kündigt seinem Jünger Petrus an, dieser werde ihn dreimal verleugnen, ehe der Hahn kräht – und so kommt es dann. In der Redewendung verschiebt sich der Sinn: Ist etwas von Bedeutung, kräht der Hahn, ist es nicht wichtig, nicht.
Jemanden „von Pontius zu Pilatus schicken“
Diese Aussage hat auf den ersten Blick keinen Sinn – Pontius und Pilatus sind dieselbe Person. Der römische Statthalter in Judäa fällt in der Passionsgeschichte das Todesurteil über Jesus. Laut den Evangelien wird Jesus zunächst vor den Hohen Rat, eine Art oberste Religionsbehörde der Juden, gestellt. Dann wird er für einen Prozess zu Pilatus gebracht, der ihn nach Darstellung einiger Evangelisten auch noch zu Herodes Antipas schickt. Dieser herrschte zur Lebenszeit Jesu über Galiläa. Die Redensart hat all diese Wege im Blick mit dem Gedanken, jemanden sinnlos hin- und herschicken – ein Synonym etwa für den sprichwörtlichen deutschen „Behördendschungel“.
Die „Hände in Unschuld waschen“
Auch diese Redewendung geht auf Pilatus zurück. Im Markusevangelium ist überliefert, wie er nach der Verurteilung Jesu zum Tod vor dem Volk seine Hände wäscht und sagt: „Ich bin unschuldig am Blut dieses Menschen.“ Sie bedeutet, dass jemand, der Schaden angerichtet hat, so tut, als habe er keine Schuld.
Sein Kreuz tragen
Diese Redensart geht auf die Kreuzesfrömmigkeit der Menschen früherer Jahrhunderte zurück. Der Ausdruck bedeutet, dass jemand wie Jesus, der sein Kreuz zur Kreuzigungsstätte trug, einer schweren Belastung ausgesetzt ist oder einen Schicksalsschlag verkraften muss.
Unschuldslamm
Der Begriff kommt laut dem „Digitalen Wörterbuch der Deutschen Sprache“ (DWDS) nur noch selten vor. Vor allem ab Ende des 19. Jahrhunderts ist er in vielen Texten nachweisbar und bezeichnet einen unschuldigen Menschen. Das Lamm galt im Judentum als Opfertier, in der christlichen Ikonografie wird Christus oft als Lamm dargestellt.
Judaskuss und Judaslohn
Der Judaskuss ist ein Sinnbild für Verrat. Er bezieht sich auf die Figur des Judas, der Jesus bei dessen Festnahme durch einen Kuss an die Soldaten verraten haben soll. Der Begriff ist laut DWDS ab Mitte des 19. Jahrhunderts in Texten verbreitet, seit Anfang der 1970er Jahre wird er in schriftlichen Texten seltener genutzt. Der Begriff ist im Wörterbuch auch als abwertend verzeichnet, ebenso wie der mit ihm verwandte Begriff des „Judaslohns“. Dieser bezeichnet die Belohnung eines Verräters und spielt auf die 30 Silberlinge an, die Judas für seinen Verrat vom Hohen Rat erhalten haben soll. Beide Begriffe sind Ausdruck eines christlichen Antijudaismus und transportieren antisemitische Ressentiments.