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Nach 35 Jahren kehrt Stefan Pannen in seine Heimatstadt zurück. Er ist auf der Suche nach der Bedeutung von Gnade. In der 30-minütigen Dokumentation „Wallfahrt zu meinen Wurzeln – Eine Spurensuche in Kevelaer“ nimmt Stefan Pannen den Zuschauer mit in seine Kindheit in die katholische Kleinstadt. Am 30. November läuft der Film um 23.25 Uhr im WDR-Fernsehen.
Filmemacher Pannen war in der Gemeinde aktiv: Früher sang er während der Wallfahrtszeit bei den Sängerknaben jeden Sonntag zwei oder drei Hochämter. Heute lebt Pannen getrennt von der Familie und ist „in eine handfeste Krise gerutscht“. Seit vielen Jahren ist er ungläubig und reist nach Kevelaer – aufgrund einer „geheimen Sehnsucht danach, glauben zu können“.
Pilgern, singen, beten und beichten
Auf seiner Suche testet er sein altes Leben aus: Er pilgert morgens um 4.30 Uhr, singt in der Kirche, betet und beichtet. „Wenn ich Weihrauch rieche oder die alten Lieder singe, schütte ich Glückshormone aus“, stellt Pannen fest. Das Pilgern kommt ihm dagegen fremd vor.
Die Frage „Was ist Gnade?“ führt durch den Film. Pannen fragt sich selbst und andere danach. „Gnade kann sein, dass man gesund ist“, bekommt er von Passanten zur Antwort. Oder: „Gnade ist, dass sich jemand anderes um einen kümmert.“
Der Auslöser der Glaubenskrise
Pilgern sei „in“, allein das Wort sei positiv besetzt, sagt der damalige Wallfahrtsrektor und jetzige Weihbischof in Münster, Rolf Lohmann. Er sieht Gnade als etwas an, das man nicht kaufen kann. Es sei Handeln an einem Menschen. Pannen rät er auf der Suche nach Gnade, sich in den hektischen Zeiten einen ruhigen Platz zu suchen. „Gehe in die Sakramentskapelle und bleibe zehn Minuten ruhig und gucke, ob du das aushalten kannst.“ Gesagt, getan – aber der Filmemacher findet auch in der Sakramentskapelle keine Antworten auf seine Fragen.
„Du bist dafür verantwortlich, dass ich vom Glauben abgefallen bin“, sagt Pannen zu seinem ehemaligen Philosophielehrer Bernd Rolf. Pannen erzählt, dass philosophische Texte für ihn wie ein Erdbeben waren: „Sie haben Türen für mich geöffnet.“ Der Lehrer merkt an, dass die Philosophie aufklären könne - und er das bewusst einsetze.
Digitalisierung betrifft auch Kirchenwelt
Die Dokumentation zeigt auch auf, wie sich die Stadt über die Jahre verändert hat. Die Pilger werden älter, manche Geschäfte sind unbesetzt. In einem Laden für christliche Devotionalien wird die Digitalisierung der Kirchenwelt sichtbar: Aus Zeitgründen bestellen Wallfahrer den Rosenkranz im Internet. Der Ladenbesitzer erzählt, dass ein Drittel der Verkäufe über das Internet läuft.
Ein Kassenschlager seien Joseffiguren, so der Ladenbesitzer. Zugrunde liegt ein Brauch aus den Niederlanden: Wenn man ein Haus verkaufen will, muss die Figur im Vorgarten vergraben werden, denn das fördere den Verkauf. Sie muss aber mit dem Kopf nach unten und dem Rücken zum Haus vergraben werden, sonst funktioniert es nicht.
Menschen suchen Glauben – aber nicht in der Kirche
Doch was ist nun Gnade? Stefan Pannen fand für sich eine Antwort, die ihm durch seine Krise geholfen hat: „Für mich ist Gnade, wenn Menschen für einander da sind und sich verzeihen können. In Kevelaer und anderswo.“
Bei dem Dokumentarfilm wird auch deutlich, dass der katholischen Kirche der Nachwuchs fehlt - und trotzdem viele Menschen auf Suche nach Halt und Glauben sind. Für Gläubige mögen manche ausgesprochenen Zweifel am Glauben befremdlich wirken – andersrum mögen die Riten der Wallfahrt für Ungläubige irritierend sein. Der Film präsentiert Erfahrungen von beiden Seiten.