Verein in Alverskirchen nimmt am „Tag der Restaurierung“ teil

Wie ein alter Chormantel ein weiteres Kapitel Dorfgeschichte erzählt

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Am „Tag der Restaurierung“ Mitte Oktober beteiligen sich auch die „Freunde der Schatzkammer St. Agatha Alverskirchen“. Der Verein engagiert sich seit zehn Jahren für den Erhalt von Glaubensgegenständen aus dem Dorf.

Drei große Schritte – dann hat der Besucher den kleinen Raum im romanischen Turm der Kirche St. Agatha in Alverskirchen (Kreis Warendorf) schon durchquert. Viel Platz ist hier nicht. Und doch reicht er aus, um tief in die Geschichte des Dorfs zwischen Münster und Warendorf einzutauchen. Denn die ist vor allem eine Kirchengeschichte. Die liturgischen Gegenstände und Gewänder, die alten Bücher und Devotionalien in den vier Vitrinen erzählen davon.

„Wir haben eigentlich viel mehr Gegenstände, die präsentiert werden könnten“, sagt Marita Schlüter von den Freunden der Schatzkammer St. Agatha Alverskirchen. Vor zehn Jahren entstand der Verein, nachdem der Raum und ein paar Kunstschätze darin durch Zufall in den Fokus gerückt waren. Die Heizungsanlage direkt darunter musste repariert werden. Ein doppeltes Glück: Zum einen wurden dadurch in einem Schrank kostbare alte Chormäntel entdeckt. „Zum anderen waren diese durch die trockene Luft über dem Heizungsraum gut erhalten geblieben.“

Mehr als 1.000 Gegenstände zusammengetragen

Das war der Anfang der Vereinsarbeit, an der sich mittlerweile 70 Mitglieder beteiligen. Das Magazin füllte sich mit den Jahren immer weiter. Liturgische Gegenstände aus der Kirche, die teilweise noch im Einsatz sind, kamen dazu. Die Alverskirchener wurden aber auch in ihren Privathäusern fündig: Kreuze, Kerzenständer, Bücher, Fahnen, Heiligenfiguren… Mehr als 1.000 Exemplare sind inzwischen zusammengetragen worden. Ein Zimmer im alten Pfarrhaus wurde zum zusätzlichen Schaudepot.

„Jeder Gegenstand erzählt seine eigenen Geschichten“, sagt die Vorsitzende des Vereins, Franziska von Twickel. „Vom Glauben der Menschen in Alverskirchen, von ihrer Verbundenheit mit der Pfarrkirche und ihren Traditionen, aber auch vom Leben und Alltag der Menschen in früheren Zeiten.“ Die Bandbreite der Schenkungen ist groß: von der 50 Jahren alten Vereinsfahne über das 100 Jahre alte Wandkreuz bis hin zu einer 500 Jahre alten Mantelschließe in Kreuzform. „Sie kommen von der Wand daheim, aus Nachlässen, aus der Hofkapelle…“ Ob die Gegenstände kunsthistorisch erhaltungswürdig sind, wird dann in Ruhe begutachtet. „Wir wissen, dass es manchmal eine Generation braucht, um den historischen Wert eines Gegenstands zu realisieren.“

Verein hat viel Expertise zu bieten

Der Schatz hat damit eine besondere Breite, aus der einige Exponate herausragen – etwa der barocke Kelch aus dem 18. Jahrhundert oder das Hungertuch aus dem 17. Jahrhundert. Das alles zu sortieren, zu restaurieren und zu präsentieren ist eine Mammutaufgabe, die ohne den ehrenamtlichen Einsatz des Vereins nicht funktionieren würde. Wie gut, dass es an professionellem Wissen nicht mangelt. Schlüter ist Restauratorin, von Twickel Kunsthistorikerin. „Entscheidend ist aber die Begeisterung der Alverskirchener für das Projekt“, sagen beide.

Am Beispiel der Restaurierung eines Chormantels aus Seidendamast aus der Zeit der Jahrhundertwende wird der Aufwand deutlich. Als er vor kurzem aus einer viel zu kleinen Kiste herausgeholt wurde, war sein Zustand alles andere als ausstellungswürdig. „Die Schließe war kaputt, es gab lose Fäden, einige Stellen waren durchgescheuert.“ All das waren Hinweise auf seine lange Gebrauchsgeschichte. „Wir wissen mittlerweile, dass er auch mal als Nikolauskostüm herhalten musste“, sagt Schlüter.

Restaurierung oft sehr aufwändig

An dieser Stelle begannen die viele Aufgaben des Vereins: Der Aufwand der Restaurierungs-Arbeiten musste festgestellt werden, Angebote eingeholt, die Finanzierung gesichert, der Transport organisiert, die künftige Präsentation vorbereitet werden. Kontakte zu vielen Unterstützern sind mittlerweile gewachsen. Vieles wird über Spenden finanziert. Oft unterstützen Stiftungen, Privatpersonen und auch das Bistum Münster die Projekte.

Seinen neuen Platz wird der Mantel im Schaudepot bekommen, wo er zum bundesweiten „Tag der Restaurierung“ am 15. Oktober seinen ersten großen Auftritt haben wird. „Wir wollen dann auch zeigen, welcher Aufwand dahintersteckt, so ein Exponat präsentieren zu können“, sagt Schlüter. Fotos von der Restaurierung, Hintergrundtexte und thematische Führungen werden dabei helfen. Sie werden zeigen, dass es sich gelohnt hat, einen alten Mantel aus der Kiste zu holen und ihn so zu restaurieren, dass wieder ein Stück Alverskirchener Glaubensgeschichte sichtbar geworden ist.

Am Sonntag, 15. Oktober, geben RestauratorInnen in ganz Europa Einblicke in ihre Arbeit. Museen, Ateliers, Hochschulen und Behörden werden an diesem „Tag der Restaurierung“ dazu ihre Türen öffnen. Ziel ist es, die Aufgaben der RestauratorInnen, die oft im Verborgenen arbeiten, in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Auch ein einigen Orten im Bistum Münster gibt es Angebote: www.tag-der-restaurierung.de

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