Online-Petition ist an Papst Franziskus gerichtet

100.000 Unterschriften für Entlassung von Kardinal Pell

100.000 Menschen haben eine Petition für die Entlassung von Kardinal George Pell aus dem Priesteramt unterschrieben. Initiator Paul Levey, selbst Opfer sexualisierter Gewalt, hatte die Petition gestartet.

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100.000 Menschen haben eine Petition für die Entlassung von Kardinal George Pell aus dem Priesteramt unterschrieben. Das nächste Ziel des an Papst Franziskus gerichteten Anliegens seien nun 150.000 Unterschriften, hieß es am Samstagmittag beim Überschreiten der Marke auf dem Internetportal Change.org, wo die Petition im Mai gestartet wurde.

Initiator Paul Levey, selbst Opfer sexualisierter Gewalt, hatte die Petition nach Veröffentlichung der Ermittlungsergebnisse der staatlichen Missbrauchskommission über die Rolle Pells im Missbrauchsskandal im Bistum Ballarat gestartet. Im Zentrum steht der inzwischen inhaftierte Priester George Ridsdale (84), der ein Freund von Pell war und mit dem er als junger Priester in Ballarat zeitweise zusammengewohnt hatte, wie es hieß. Levey gab an, über Jahre hinweg ein Opfer von Ridsdale gewesen zu sein.

 

Kommission: Pell hat von Missbrauch gewusst

 

Die Kommission war zu dem Schluss gekommen, der inzwischen 79-jährige Kardinal habe vom Missbrauch von Jungen durch Priester gewusst und sei an der Vertuschung der Fälle beteiligt gewesen. In ihrem im April, nach der Haftentlassung des Kardinals, vollständig veröffentlichten Abschlussbericht, weist die Kommission die Behauptung Pells zurück, während seiner Zeit als Priester in Ballarat und enger Berater des damaligen Bischofs Ronald Mulkearns nichts von der Pädophilie Ridsdales und anderer Priesterkollegen gewusst zu haben. Spätestens 1973 sei Pell bekannt gewesen, dass Ridsdale regelmäßig Jungen in nächtliche Camps mitgenommen habe, heißt es. Pell habe zudem dafür gesorgt, dass „Gerede“ über Ridsdale und andere pädophile Priester vermieden werde.

Ridsale gilt als einer der schlimmsten klerikalen Sexualstraftäter Australiens. Er war seit 1993 in einer Reihe von Prozessen wegen sexueller Übergriffe auf 65 Jungen zu 34 Jahren Haft verurteilt worden. Wenige Tage vor der Freigabe des Berichtskapitels zu Pell gestand er vor einem Gericht in Melbourne den Missbrauch von vier weiteren Jungen. Der 84-Jährige war unter anderem Seelsorger an der St. Alipius-Jungenschule in Ballarat zu einer Zeit, als Pell das Schulamt des Bistums leitete. 1993 begleitete Pell, damals bereits Weihbischof im Erzbistum Melbourne, Ridsdale zu dessen ersten Missbrauchsprozess und trat als Charakterzeuge seines Kollegen auf.

 

Unabhängig von Vorwürfen gegen Pell selbst

 

Die Vorgänge in Ballarat haben nichts mit Missbrauchsvorwürfen gegen Pell selbst zu tun. Australiens oberstes Gericht hatte im April die Haftstrafe des früheren vatikanischen Wirtschaftsministers und Erzbischofs von Melbourne wegen sexuellen Missbrauchs in allen fünf Fällen aufgehoben. Die Jury hätte auf Grund der Beweislage Zweifel an der Schuld des Angeklagten haben müssen, hieß es in der einstimmigen Entscheidung.

Anfang 2019 war Pell zunächst zu sechs Jahren Haft wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs von zwei Chorknaben in Melbourne verurteilt worden. Die Jury fasste den Schuldspruch einzig auf Basis der Aussage eines der angeblichen Opfer.

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