Dominik Blum aus Vechta über Jesus als den ganz anderen König

Auslegung der Lesungen vom Hochfest Christkönig (B)

„Christkönigssonntag" - ein merkwürdiger Titel für diesen Sonntag. Monarchie ist out, die Royals bestenfalls eine Sache für die Klatschspalten. Und sowieso ist Jesus ein ganz anderer König, heißt es. Dominik Blum setzt mit seiner Auslegung den Spekulationen die Krone auf.

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„Christkönigssonntag" - ein merkwürdiger Titel für diesen Sonntag. Monarchie ist out, die Royals bestenfalls eine Sache für die Klatschspalten. Und sowieso ist Jesus ein ganz anderer König, heißt es. Dominik Blum setzt mit seiner Auslegung den Spekulationen die Krone auf.

Wir alle tragen Bilder vom König in uns. Geben Sie einem Kind im Vor- oder Grundschulalter ein großes Blatt Papier und Wachsmalstifte und bitten Sie es, einen König zu malen. Sie werden märchenhafte Bilder zu sehen bekommen. Von einem schönen Mann mit wertvoller Krone und einer graziösen Königin an seiner Seite, in ihrem Schloss mit Park und goldener Kutsche.

Jugendliche haben andere Königs-Bilder. Sie sehen vielleicht Aragorn vor sich, den König, dessen Rückkehr der letzte Teil der Trilogie vom Herrn der Ringe beschwört. Oder manche Mädchen beneiden die bürgerliche Meghan Markle um ihren reichen Prinzen Harry.

Das Evangelium vom Hochfest Christkönig (Lesejahr B) zum Hören und Sehen auf unserem Youtube-Kanal.

Mir geht es manchmal wie dem Musiker Rio Reiser: „Jede Nacht um halb eins, wenn das Fernsehen rauscht / Leg ich mich aufs Bett, und mal mir aus / Wie es wäre, wenn ich nicht der wäre, der ich bin / Sondern Kanzler, Kaiser, König oder Königin.“ Das satirische Lied über den König von Deutschland und seine BRD habe ich ironischerweise Ende 1986 in der DDR zum ersten Mal gehört. Unsere Königbilder sind geprägt von vielen Vor-Bildern, Eindrücken und Erfahrungen. Auch im religiösen Kontext hat das Königtum eine besondere Bedeutung.

 

Ein kritisches Fest

 

„Also bist du doch ein König?“ fragt Pilatus Jesus im Gespräch aus dem Johannes-Evangelium. Die Szene versetzt uns zum Ende des Kirchenjahres in die Passionszeit. Jesus antwortet dem kaiserlichen Statthalter in diesem Dialog mit einem großen „Ja, aber“: „Du sagst es, ich bin ein König – aber anders als du denkst.“

Zwischen den Weltkriegen führt Papst Pius XI. 1925 das Ideenfest Christkönig in den liturgischen Kalender ein. Begründet hat der Papst das neue Fest formal mit dem 1600-jährigen Jubiläum des Konzils von Nizäa (325). Eigentlich hat er eine andere Intention: Angesichts der nicht mehr zu übersehenden Abwendung vieler Menschen von Macht und Anspruch der Kirche will er Familie, Gesellschaft und Staat wieder auf die Anerkennung der Herrschaft des Christkönigs einschwören. Diese Herrschaft betreffe nämlich nicht nur die Christen, sondern „das gesamte Menschengeschlecht“ und alle „häuslichen und bürgerlichen Gemeinschaften, weil die in der Gesellschaft verbundenen Menschen um nichts weniger unter der Vollmacht Christi stehen als die einzelnen“, schreibt Papst Pius XI. in einem Lehrschreiben zur Einführung des Festes.

 

Die Geschichte des Festes

 

Diese Idee erscheint heute fast hilflos angesichts der Pluralisierung von Religionen und Weltanschauungen. Kurze Zeit später aber entfaltet sie ihr kritisches Potenzial. Zur Zeit des Nationalsozialismus erfahren vor allem katholische Jugendliche die Widerstandskraft, die aus dem Zeugnis für den Christuskönig gegen den Führer Hitler erwächst.
Der Papst hatte das Fest ursprünglich im liturgischen Kalender am Sonntag vor Allerheiligen platziert. So erschienen die Heiligen als erste glorreiche Gefolgsleute des Königs in Welt und Geschichte.

Der Autor
Dominik BlumDominik Blum ist Leiter des Referats Erwachsene der Abteilung Seelsorge im Bischöflichen Offizialat Vechta. | Foto: privat

Das Zweite Vatikanische Konzil verschob das Fest auf den letzten Sonntag im Kirchenjahr und veränderte es damit auch inhaltlich sehr pointiert. Dass Christus, der Menschensohn, der König der Welt ist, erweist sich erst am Ende der Zeit, wenn er wiederkommt (Dan 7,13b). Hoffentlich ist er Ziel und Heil für die Welt und die Menschen. Diese eschatologische Perspektive wird auch in den Lesungen des heutigen Sonntags sehr deutlich.

 

Dieser König ist anders

 

Die gesamte jüdisch-christliche Religions- und Glaubensgeschichte ist vom Motiv des Königtums geprägt. Besonders David begründet die Vorstellung des messianischen Königs, der das Volk Israel führt. Hier ist erstmals vom König als ‚Sohn Gottes‘ (vgl. 2 Sam 7) die Rede. Die schlechten Könige Israels sind dagegen Zielscheibe prophetischer Kritik.

Das neutestamentliche biblische Zeugnis über Jesus knüpft ausdrücklich an David an: „Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben.“ (Lk 1,32) Ja, aber dieser Christus-König ist anders: Wo ein Monarch alleine herrscht, macht er seine Freunde zu Königen (Offb 1,6). Wo ein König Stärke zeigt und kämpft, wird er durchbohrt (Offb 1,7) und ausgeliefert. Könige dieser Welt legen Zeugnis ab für Macht und Reichtum, wenige für das politische Taktieren und die Diplomatie. Sein Königtum ist nicht von hier (Joh 18,36). Er legt Zeugnis ab für die Wahrheit Gottes.

Dieser Anti-König scheitert am Kreuz. Ob er hier endgültig stirbt oder wiederkommt und seine Königsherrschaft antritt, sichtbar für alle, das wird sich zeigen. Wir hoffen es, am Christkönigsfest besonders, dass er doch ein König ist. Einer mit erlösender Macht, die uns wirklich zum Leben hilft.

Sämtliche Texte vom Hochfest Christkönig (Lesejahr B) finden Sie hier.

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