Jens König-Upmeyer im Gespräch

Das erwartet der neue Gefängnisseelsorger in Vechta von seinem Job

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Jens König-Upmeyer ist neuer Seelsorger im Männergefängnis in Vechta. Im Interview äußert sich der Pastoralreferent über das Ankommen in der JVA, seinen Alltag im Gefängnis – und die Frage, wie er verurteilten Straftätern gegenübertritt.

Herr König-Upmeyer, im Männergefängnis in Vechta sitzen vor allem Jungstraftäter ein. Was für Geschichten sind Ihnen in den ersten Wochen begegnet?

Die Menschen, die ich in den vergangenen anderthalb Monaten kennenlernen konnte, sind hier aus ganz verschiedenen Gründen. Das reicht von einer Ersatzfreiheitsstrafe für ein nicht bezahltes Bahnticket bis hin zu lebenslangen Haftstrafen wegen Mordes. Am Anfang bin ich zunächst in allen Abteilungen „mitgelaufen“, seit einigen Wochen komme ich jetzt aber direkt mit den Häftlingen ins Gespräch. Was ich da erlebe: Viele Männer kommen im Dialog schnell zu dem, was sie wirklich bewegt. Das sind Gespräche, da geht es um vieles.

Was sind Ihre Aufgaben als Gefängnisseelsorger in der JVA in Vechta?

Der größte Teil meiner Arbeit ist die Gesprächsseelsorge. Aus ganz verschiedenen Gründen suchen die Häftlinge Kontakt zu mir: wegen ihrer Haft, aus Reue über die Taten oder weil sie um verstorbene Angehörige trauern. In all diesen Situationen will ich einen Raum schaffen für die Menschen. Daneben biete ich wöchentlich Wortgottesdienste in der Kirche der JVA an. Und: Ich möchte mit den Häftlingen auch Projekte und Aktionen veranstalten.

Wie sieht Ihr Alltag in der Gefängnisseelsorge aus? 

Zur Person:
Jens König-Upmeyer (30) ist verheiratet und hat einen Sohn. Seit dem 1. September 2022 ist er Gefängnisseelsorger in der JVA für männliche Jungstraftäter in Vechta. Er studierte Religionspädagogik in Paderborn. Von 2015 bis 2018 arbeitete er als Pastoralassistent in der Pfarrei St. Viktor in Damme und Neuenkirchen. Von 2018 bis 2022 war er als Pastoralreferent im westfälischen Teil des Bistums Münster im Dienst. 

Mein Dienst beginnt in der Regel um 8.45 Uhr an der Schleuse. Dort hole ich erstmal Schlüssel und sonstiges Equipment für die Sicherheit. Dann checke ich: Sind neue Anträge auf Gespräche oder ähnliches bei mir aufgelaufen? Anschließend melde ich mich beim Personal der JVA an. Noch vor der morgendlichen Besprechung prüfe ich, ob es Neuzugänge im Gefängnis gibt. Die suche ich nämlich alle einzeln auf. Der Rest des Tages ist meist mit Gesprächen gefüllt.

Wie wichtig ist Ihre Aufgabe in den Augen der Gefangenen?

Sehr wichtig, glaube ich. Sie merken, dass die Seelsorge einen Raum bietet, wo sie einfach sie selbst sein können, mit allen Themen, die einen so belasten. Ganz zentral ist dabei für die Häftlinge meine Schweigepflicht. Mir selbst ist es wichtig, gerade am Anfang der Haft mit den Männern schnell ins Gespräch zu kommen. Wegen Corona sind sie dann noch in Quarantäne und ganz generell sind die ersten zwei Wochen der Haftzeit besonders prägend für die weiteren Monate und Jahre.

Sie begleiten Männer, die Täter geworden sind – und häufig zuerst Opfer wurden. Wie gehen sie mit diesen komplexen Geschichten ganz persönlich um?

Ich versuche, meine eigene moralische Bewertung beiseite zu legen und den Menschen vor mir mit seinen eigenen Sorgen und Nöten zu sehen. Die Akten lese ich vorher nur sehr oberflächlich. Ich will nicht schon von Anfang an wissen, weshalb jemand einsitzen muss. Im Gespräch freilich kommen die Haftgründe oft dann doch auf den Tisch.

Warum sollten sich Christen, sollte sich die Kirche im Gefängnis engagieren?

Im Gefängnis für Häftlinge da zu sein, gehört zum Grundauftrag der Kirche. Im Matthäus-Evangelium sagt Christus über das Jüngste Gericht zu den Gerechten: „ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen. (…) Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ An Orten wie im Gefängnis wird Seelsorge konkret erfahrbar und wichtig. Der Fokus der Kirche zeigt sich hier: für die Sorgen und Nöte der Menschen da sein – auch für jene, die selbst Sorgen und Nöte verbreitet haben und in ihnen den Menschen zu sehen.

Was wünschen Sie sich für Ihr Wirken in der JVA in Vechta?

Ich hoffe, dass es mir gelingt, Menschen im Strafvollzug dabei zu helfen, sich selbst zu finden und eine Erfahrung des Gehalten-Seins zu vermitteln.

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