Markus Weßling zum allzu undiplomatischen Papst

Franziskus will Frieden in der Ukraine - und spielt Russland in die Hände

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Der Papst ist mit der Medien-Welt des Jahres 2024 überfordert. Wenn seine Äußerungen zur Weltpolitik nicht besser kanalisiert werden, richten sie mehr Schaden an, als sie Nutzen stiften, meint Newsroom-Redakteur Markus Weßling.

Ist es zu viel verlangt, dass ein Mann mit 87 Jahren Alter und angeschlagener Gesundheit ein versierter Medienprofi in der schnelllebigen Welt des Jahres 2024 ist? Es ist gewiss viel verlangt, aber es ist in der Rolle des Chefs der katholischen Weltkirche unabdingbar. Leider aber ist der gegenwärtige Papst das offenbar nicht. Das könnte man mit mitfühlendem Bedauern abtun, wären die Folgen nicht so gravierend.

Die Worte des Papstes zur Ukraine sind das jüngste, aber nicht das einzige Beispiel dafür, dass er in mediale Fallen tappt, unbedachte Äußerungen tätigt, die dann hinterher mühsam wieder eingefangen werden müssen.

Der Vatikan gibt mal wieder den Franziskus-Deuter, und auch die Deutsche Bischofskonferenz sieht sich zum Spagat gezwungen zwischen der Kritik an der Äußerung und dem Versuch einer Erklärung dessen, was er – ausgehend von vorangegangenen Äußerungen des Papstes zum selben Thema – wahrscheinlich eigentlich gemeint hat.

Als Analysten auftreten, ist es schon zu spät

Doch wer hört da noch zu in einer Medien-Welt der schnellen Schlagzeile? Lange bevor sich historisch bewanderte Analysten in den Einzelheiten darüber ergingen, wie das nochmal war mit der Haager Landkriegsordnung und was das in Franziskus’ Interview so zentrale Wort von der „weißen Fahne“ genau bedeutet, war der politische Schaden angerichtet.  Angekommen war in Deutschland und anderswo nämlich, der Papst fordere, dass die Ukraine sich dem Kriegs-Aggressor Russland ergeben soll. Das wollte er offenbar so nicht sagen. Aber die ablehnenden Reaktionen ließen – nachvollziehbarerweise – nicht lange auf sich warten.  Ebenso wie der Applaus von den politischen Rändern für Franziskus‘ vermeintliche Unterstützung der eigenen, kruden Haltung.

Papst Franziskus ist kein Diplomat. Das muss er auch nicht sein. Deutliche, unverstellte Worte von einer Autorität, die der Papst nun einmal qua Amt ist, kann die Welt gerade gut gebrauchen. Aber gut bedacht sein müssen sie schon. Dass sie das sind, dafür muss Franziskus‘ Umfeld Sorge tragen. Sonst richtet er mehr Schaden an, als er Nutzen stiftet.

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