Vier Jahre nach rassistisch motivierter Tat

Hanauer Pfarrer: Attentat hinterlässt kaum zu heilende Wunde

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Neun Menschen hatte am 19. Februar 2020 ein damals 43 Jahre alter Deutscher in Hanau aus rassistischen Motiven erschossen. Vier Jahre danach sind die Wunden weiter tief und spürbar, berichtet der katholische Pfarrer.

 „Eine Wunde, die kaum zu heilen scheint“ – so beschreibt der katholische Pfarrer von Hanau, Andreas Weber, die Folgen des rassistischen Attentats am vierten Jahrestag. Am 19. Februar 2020 hatte ein damals 43 Jahre alter Deutscher in Hanau neun Menschen mit Migrationshintergrund aus rassistischen Motiven erschossen.

Auch das aktuelle Wiedererstarken rassistischen Gedankenguts in Deutschland verstärke die Sorge, betonte der Geistliche im Interview des Internetportals domradio.de: Die tiefe und spürbare Wunde in der Stadtgesellschaft werde „immer neu geschürt durch diese Gemengelage mit rechtsextremen Tendenzen, die wir in unserer Gesellschaft spüren“.

Hanau-Attentat eine „große Schockwelle“

Das Attentat vor vier Jahren sei „eine große Schockwelle gewesen“, die bis heute nachwirke: „Bei den Opferfamilien spüren wir immer noch eine tiefe Wunde, eine große Unzufriedenheit, große Vorwürfe an die Politik, an die Polizei und an die Stadt. Obwohl die Stadt sich sehr bemüht. Diese Wunde ist scheinbar kaum zu schließen.“

Auch in den katholischen Pfarreien in der Stadt gebe es sehr viele Gläubige mit Migrationshintergrund. Diese bunte Vielfalt präge die Stadt, ergänzte Weber. Und das Attentat habe bewirkt, dass man stärker zusammenstehe. Beeindruckt habe ihn – gerade mit Blick auf das aktuelle Erstarken rechtsextremer Positionen – ein Zitat junger Erwachsener aus seiner Gemeinde: „Der Täter hat allein gehandelt. Wir aber sind vereint in Nächstenliebe und Solidarität und gemeinsam gegen Hass und Rassismus.“

Hanau-Pfarrer: „Spüren, dass viele in Richtung Hass tendieren“

Dieser Satz begleite die Anschlags- und Erinnerungstage und drücke die Position der Christen in der Stadt gut aus: „Hass und Rassismus haben keinen Platz bei uns, auch nicht in der Gemeinde. Trotzdem spüren wir, dass viele in diese Richtung tendieren. Rechtsextremismus ist stark zu verurteilen und das tun wir auch.“

Nach mehreren Veranstaltungen und Reden am Wochenende soll der Jahrestag am 19. Februar selbst auf Wunsch der Opferangehörigen vor allem ein Tag des stillen Gedenkens sein. Geplant sind unter anderem eine Kranzniederlegung und ein gemeinsames Gebet. Zum zentralen Gedenken von Stadt und Land ab 11 Uhr auf dem Hauptfriedhof werden neben anderen der stellvertretende hessische Ministerpräsident Kaweh Mansoori, Oberbürgermeister Claus Kaminsky und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (alle SPD) erwartet.

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