Vatikanzeitung differenziert die Aussagen der Richtlinien

Homosexuelle nicht generell vom Priesteramt ausgeschlossen

Anfang Dezember hatte der Vatikan Richtlinien veröffentlicht, nach denen praktizierende Homosexuelle vom Priesteramt ausgeschlossen sind. Einige Formulierungen darin bedürfen einer genaueren Interpretation.

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Der Vatikan ist der Darstellung entgegengetreten, Homosexuelle seien generell vom Priesteramt ausgeschlossen. Die Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ veröffentlichte am Sonntag einen Gastbeitrag, der eine solche Interpretation der neuen Richtlinien für die Priesterausbildung zurückweist. Gefordert sei vielmehr eine differenzierte Einzelfallprüfung, schreibt der US-amerikanische Theologe Louis Cameli.

In den am 8. Dezember veröffentlichten Richtlinien heißt es, vom Priesteramt ausgeschlossen seien praktizierende Homosexuelle sowie Männer, die „tiefsitzende homosexuelle Tendenzen haben oder eine sogenannte homosexuelle Kultur unterstützen“. Die Richtlinien bestätigten damit ein vatikanisches Dokument aus dem Jahr 2005. Einige Medien hatten dies als generellen Ausschluss Homosexueller vom Priesteramt interpretiert.

 

Interpretationsbedarf

 

Die Nichtzulassung von praktizierenden Homosexuellen und Unterstützern der Homosexuellen-Bewegung vom Priesteramt bedürfe keiner weiteren Erläuterung, heißt es in dem „Osservatore-Romano“-Artikel. Interpretationsbedürftig sei jedoch, was unter „tiefsitzenden homosexuellen Tendenzen“ zu verstehen sei.

Gemeint sei hiermit, dass die homosexuelle Veranlagung zentral für Identität und Verhalten eines Mannes sei. Dies sei der Fall, wenn ein Mann sich und seine Außenwelt nur aus dem Blickwinkel seiner Homosexualität wahrnehme. Gleiches gelte, wenn die Beziehungsfähigkeit gestört sei, ein reifes Verhalten gegenüber Frauen unmöglich und das Verhältnis zu Männern stets erotisch aufgeladen sei. Nicht von dem Ausschluss betroffen seien auch Männer, in deren Leben Homosexualität nur ein vorübergehendes Phänomen in der Phase des Erwachsenwerdens gewesen sei, so Cameli weiter.

 

Einzelfallprüfung

 

Artikel zu derart brisanten Themen erscheinen im „Osservatore Romano“ in der Regel nur mit Billigung oder im Auftrag des vatikanischen Staatssekretariats. Cameli ist Mitautor der Richtlinien zur Priesterausbildung der US-amerikanischen Bischofskonferenz.

Die Richtlinien zur Priesterausbildung forderten mit „großer Weisheit und Besonnenheit“ eine Einzelfallprüfung, so Cameli. Sie erlaube dem Priesterseminar und dem Kandidaten festzustellen, was gut und richtig für ihn selbst und die Kirche sei.



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