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Über die deutsch-israelische Freundschaft hat Avi Primor am Mittwochabend im Dom in Münster gesprochen. Der 83-Jährige war von 1993 bis 1996 Botschafter Israels in Deutschland.
Heute seien die Beziehungen zwischen Israel und Deutschland „nicht nur die allerbesten, sondern ich betrachte sie überhaupt als ein Wunder“, sagte Primor mit Blick darauf, dass die Nationalsozialisten – also Deutsche – rund sechs Millionen Juden systematisch umgebracht hatten.
Wandel seit dem Zweiten Weltkrieg
Entsprechend schwer sei der Neuanfang der Beziehungen zwischen Israelis und Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen. Inzwischen aber hat sich nach Primors Ansicht etwas gewandelt.
Während rund 80 Prozent der Deutschen 1965 die diplomatischen Beziehungen begrüßt hätten, wollten 80 Prozent der Israelis damals keinen Kontakt. „Heute sind 80 Prozent der Deutschen gegenüber Israel kritisch. Das hängt mit der Besatzung der palästinensischen Gebiete zusammen. Dagegen sprechen 80 Prozent der Israelis heute davon, dass Deutschland der beste Freund in der Welt sei“, stellte er dar.
„Wie lange kann so etwas halten?“
Noch habe sich an den guten israelisch-deutschen Beziehungen nichts verändert. „Das wird auch unter Angela Merkel als Bundeskanzlerin so bleiben. Sie steht unserem Land positiv gegenüber, obwohl sie der Außenpolitik Israels überhaupt nicht zustimmt. Sie wird uns weiterhin unterstützen. Aber: Wie lange kann so etwas halten?“, fragte er.
Wenn sich die israelische Politik nicht verändere, „wenn wir nicht irgendwann verstehen, dass wir keine Besatzer sein können, und dass die Palästinenser auch in Würde leben müssen – genau wie wir –, wird das nicht nur unsere Beziehungen zur arabischen Welt, sondern auch mit anderen Staaten und vor allem mit Deutschland in Gefahr bringen“, schätzte er die augenblickliche Lage ein.
Besatzung Palästinas ist „sehr schmerzhaftes Kapitel“
Ob die Beziehungen halten würden, hänge vor allem von den Beziehungen zwischen Israel und den Palästinensern ab. „Und das ist ein Kapitel für sich, das heute sehr schmerzhaft ist“, beendete Primor seinen Vortrag, für den er von den Zuhörern lang anhaltenden Applaus erhielt.
Avi Primors Vortrag war ein Beitrag der Reihe „Domgedanken“. Beim nächsten Termin am 5. September spricht Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), zu „Der Christ ist kein Nationalist“.
Der Eintritt zu den Abenden ist frei. Im Anschluss sind die Zuhörer zum Austausch mit den Referenten eingeladen. Alle Termine überträgt www.Kirche-und-Leben.de live im Internet.