Dennis Hartjes ist Träger der Verdienstmedaille

Jung, katholisch, geehrt: 27-Jähriger vom Niederrhein ist ausgezeichnet

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Bescheiden und zugleich selbstbewusst kommt Dennis Hartjes aus Münster daher. Dass der 27-Jährige Träger der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ist, lässt sich nicht erahnen. Im Gespräch mit "Kirche-und-Leben.de" verrät er, was seine Motivation für ehrenamtliches Engagement in der Kirche ist.

Erst erkundigte sich der Doktorvater über sein ehrenamtliches Engagement. Auch andere streckten ihre Fühler aus. Als dann Mitte 2019 noch die Stadt Kevelaer nachfragte, ob er noch seinen Zweitwohnsitz in der Wallfahrtsstadt am Niederrhein hätte, war Dennis Hartjes zunächst doch etwas irritiert. „Ich lebe bereits seit 2013 in Münster. Und dann so eine Frage.“ Da danach die mysteriösen Anfragen aber ausblieben und nichts weiter geschah, geriet die ganze Angelegenheit in Vergessenheit.

Bis im September des vergangenen Jahres ein Brief des Oberbürgermeisters der Stadt Münster, Markus Lewe, in seinen Briefkasten flatterte: „Auf Vorschlag von Herrn Ministerpräsident Armin Laschet wird Ihnen für Ihre Verdienste um die Kinder- und Jugendarbeit in der Pfarrei St. Petrus Wetten (heute St. Antonius in Kevelaer) und Ihr weiteres ehrenamtliches Engagement die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen.“ Rumms, das saß. Und Dennis Hartjes verstand. „Die ganzen Nachforschungen im Hintergrund ergaben plötzlich einen Sinn“, erinnert sich der 27-Jährige. Und ergänzt lachend: „Der OB wusste tatsächlich sehr viel über mich.“

 

Nach Erstkommunion bei Messdienern eingestiegen

 

Dass der studierte Theologe und Historiker gerade als Referendar an einem Gymnasium in Haltern am See katholische Religion und Geschichte unterrichtet. Einen Master in Kirchengeschichte in der Tasche hat und gerade zum Thema „Die Archäologie einer Pfarrgemeinde als Beitrag zum nachhaltigen Schutz eines kulturellen Erbes“ in Münster promoviert.

Dass er nach seiner Erstkommunion bei den Messdienern in St. Petrus Wetten mit einstieg und im Laufe der Zeit aus 16 Mitgliedern eine sehr aktive Gemeinschaft mit mehr als 70 Messdienerinnen und Messdienern formte. Dass die Jugendlichen sich in 50 Arbeitskreisen organisieren, Gruppenstunden und Veranstaltungen planen und durchführen – fast immer mit Hartjes an vorderster Front. Zahlen und Fakten, beeindruckend einschüchternd.

Und so gar nicht kompatibel mit dem schlanken, jungen Mann, der in seiner schwarzen Jeans, dem grau-blau gesprenkelten Jackett mit etwas zu kurzen Ärmeln, dem weißen T-Shirt darunter und der schwarzen Harry-Potter-Brille an der Münsteraner Promenade steht, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Aufgewecktes Kerlchen, ok. Der „neue Menschenfischer von Wetten“, wie Lewe ihn in seiner Laudatio genannt hat? Naja. Eher der nette Junge von nebenan. Einzig die blau-grauen Augen verraten, dass mehr in Hartjes steckt, als der erste Blick erahnen lässt.

 

Kirche ist Gemeinschaft, die prägt

 

Die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. | Foto: Jürgen Flatken
Die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. | Foto: Jürgen Flatken

„Ich bin nicht der Retter der Kirche auf dem Land, als der ich schon bezeichnet wurde“, sagt der jüngste Ehrenträger, den Lewe jemals ausgezeichnet hat. „Ich kann Inspiration sein, ja, und versuchen, durch mein Wirken Menschen zu überzeugen, Kirche aktiv mitzugestalten, authentisch zu sein.“

Aufgewachsen im kleinen, durchaus katholischen Ort Wetten am Niederrhein hat er eine unbeschwerte Kindheit und Jugend verbracht. „Meine Eltern haben mich immer unterstützt. Und ich konnte machen, wozu ich Lust hatte.“ Normal katholisch sei er aufgewachsen, die Familie ein stückweit religiös, wie es auf dem Land noch üblich ist. Sein Dienst am Altar die logische Konsequenz. Sein Engagement in der Kinder- und Jugendarbeit das Ergebnis.

Die Initialzündung, sich über das normale Maß hinaus zu engagieren, war die Ministrantenwallfahrt nach Rom 2010. „Mein Glaube ist mein Fundament“, erklärt er entwaffnend offen. „Das muss bei dem, was ich mache, auch ein Stück weit mitschwingen.“ Und: „Kirche ist mehr als Sonntagsgottesdienst. Sie ist Gemeinschaft, die prägt, stärkt und verbindet.“ Starke Worte angesichts von Rekordaustrittszahlen und Missbrauchsskandalen. „Man kann es sich einfach machen und austreten. Wenn einem aber etwas an der Kirche, am Glauben liegt, wenn man etwas verändern will, dann muss man drinbleiben und sich aktiv engagieren. Punkt.“

 

„Wir müssen über die Sexualmoral reden“

 

So verwundert es auch nicht, dass der katholische Regionalbischof Rolf Lohmann vom Niederrhein in die Messdienerrunde nach Wetten kommt und den Jugendlichen und jungen Erwachsenen zuhört. „Ich kann nicht die große Weltkirche verändern. Aber ich kann die Kirche vor Ort prägen, Zeugnis ablegen, gestalten. Gemeinsam mit anderen zu einer Wohlfühl-Oase machen.“ Hartjes Augen leuchten auf, während er spricht. Und plötzlich ist sie da, die Energie. Die Tatkraft, die ihm die Ehrung eingebracht hat, fast mit Händen greifbar.

„Wir müssen über die Sexualmoral reden, über die Frage des Frauenpriestertums. Schließlich leben wir im 21. Jahrhundert, nicht mehr im Mittelalter.“ Viele würden darunter leiden, von Kirche ausgegrenzt zu werden, reduziert auf ihre Sexualität. „In welcher Kirche wollen wir denn leben?“, wirft der Jung-Akademiker die Frage in den Raum und antwortet: „In einer integrativen und inklusiven.“ Deswegen hat die Leiterrunde auch für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare klar Position bezogen. „Nur wenn man darüber redet, kann man etwas verändern.“

 

Ehrung bestätigt Hartjes in seinem Tun

 

Wenn man versucht, ihm Steine in den Weg zu legen, ihn auszubremsen, dann spornt ihn das erst recht an. Er zeigt dann auch mal „klare Kante“ und provoziert, „um Dinge in Bewegung zu setzen oder einfach, um zum Denken anzuregen“, erzählt er verschmitzt grinsend. Das ausgeprägte Selbstbewusstsein lässt ihn auch darüber schmunzeln, wenn er in der Heimat mit Akademiker-Klischees konfrontiert wird. Sein Werdegang wurde ihm nicht in die Wiege gelegt. Sein Vater ist Schreinermeister, seine Mutter Bäckerin. Der Opa war Landwirt. Und sein Bruder ist Straßenwärter.

Aber bescheiden, das kann er. „Die Ehrung ist natürlich schon schön. Bestätigt mich in meinem Tun und ist zugleich Ansporn“, erklärt Hartjes. „Es ist aber auch eine Ehrung für die Jugendlichen in der Leiterrunde, von der ich vielleicht der Kopf bin“, gibt er sich bescheiden. Viel wichtiger ist ihm, dass „aus der Leiterrunde ein enger Freundeskreis entstanden ist. Ich brauche keinen Orden, um mich in meinem Leben bestätigt zu fühlen.“

Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland
Der Verdienstorden wird an in- und ausländische Bürgerinnen und Bürger für politische, wirtschaftlich-soziale und geistige Leistungen verliehen sowie darüber hinaus für alle besonderen Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland, wie zum Beispiel im sozialen und karitativen Bereich. Er ist die einzige allgemeine Verdienstauszeichnung in Deutschland und damit die höchste Anerkennung, die die Bundesrepublik für Verdienste um das Gemeinwohl ausspricht. Eine finanzielle Zuwendung ist mit der Verleihung des Verdienstordens nicht verbunden. Mit seinen Ordensverleihungen möchte der Bundespräsident die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf hervorragende Leistungen lenken, denen er für unser Gemeinwesen besondere Bedeutung beimisst. Dabei sollen künftig noch häufiger Frauen ausgezeichnet und auch junge Menschen verstärkt berücksichtigt werden. Jeder kann die Verleihung des Verdienstordens an einen anderen anregen. Als Erstauszeichnung wird im Allgemeinen die Verdienstmedaille oder das Verdienstkreuz am Bande verliehen. Quelle: bundespraesident.de

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