Weniger christliche und mehr konfessionslose Schüler

Kirchen in NRW kooperieren jetzt im Fach Religion

Die Pluralität wächst – gerade auch an den Schulen in NRW. Neben christlichen Kindern und Jugendlichen gibt es zunehmend konfessionslose und muslimische Schüler. Das hat Folgen für das Fach Religion.

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In Nordrhein-Westfalen können sich katholische und evangelische Schüler künftig in einer gemeinsamen Lerngruppe mit den Themen Christentum, Glaube und Kirche befassen. Dabei handelt es sich aber nicht um eine ökumenische Religionslehre. Die Rede ist von einem konfessionell-kooperativen Religionsunterricht, der ab diesem Schuljahr eingeführt wird. 184 der fast 5.700 allgemeinbildenden Schulen starten mit diesem neuen Angebot – eine Antwort auf die rückläufige Zahl konfessionsgebundener Schüler.

Hatte es laut Schulministerium im Jahr 2004/05 noch 1,99 Millionen Teilnehmer am katholischen und evangelischen Religionsunterricht gegeben, waren es im vergangenen Schuljahr mit 1,54 Millionen rund ein Viertel weniger – bei wachsender Schülerzahl insgesamt. Entsprechend ist der Anteil der Schüler an der konfessionellen Religionslehre von 85 Prozent vor 14 Jahren auf rund 62 Prozent gesunken.

 

Konfessionelle Grenzen sollen auf keinen Fall verwischt werden

 

Eine Folge ist nach Erkenntnissen von Schulpraktikern, dass evangelischer oder katholischer Religionsunterricht vielfach unter Nichtbeachtung der gesetzlichen Regelungen im Klassenverband erteilt wird. Im Einzelfall droht zudem die Situation, dass nicht genügend Schüler für den katholischen oder evangelischen Religionsunterricht zusammenkommen. Doch für die betroffenen Schüler soll das Fach nicht einfach unter den Schultisch fallen. Deshalb haben die Kirchen darauf reagiert und das Modell des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts, kurz KoKoRu, entwickelt.

Bei dieser Kooperation sollen die konfessionellen Grenzen aber auf keinen Fall verwischt werden. Ein verpflichtender Wechsel zwischen katholischen und evangelischen Fachlehrern soll gewährleisten, dass die Schüler beide konfessionelle Perspektiven kennenlernen. Der kooperative Unterricht kann an Schulen eingeführt werden, wo es bereits Religionsunterricht beider Konfessionen gibt. Zudem müssen beteiligte Pädagogen eine Fortbildung absolvieren.

 

Erzbistum Köln beteiligt sich nicht

 

Als Vorteil des KoKoRu wird auch genannt, dass Schüler der anderen Konfession authentisch begegnen und sich der eigenen bewusster werden können. Auf das Modell haben sich die drei evangelischen Landeskirchen (Rheinland, Westfalen, Lippe) und die vier katholischen Bistümer Aachen, Essen, Münster und Paderborn verständigt. Das vom Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki geleitete Erzbistum Köln beteiligt sich nicht daran. In der Erzdiözese sei weiterhin mehr als jeder dritte Schüler katholisch, so dass kein Handlungsbedarf für alternative Modelle bestehe, heißt es zur Begründung.

Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) lobte das neue Angebot als „vielversprechend“. Es stärke den christlichen Religionsunterricht in einer pluralistischen Schullandschaft – „vor allem dort, wo im Laufe der Zeit weniger bekenntnisangehörige Schülerinnen und Schüler zur Schule gehen“.

 

Bedarf am islamischen Bekenntnisunterricht steigt

 

Während die Zahl der christlichen Schüler sinkt, ist aufseiten der Lehrer eine gegenläufige Entwicklung zu beobachten. 2004/05 gab es laut Statistik 29.252 Pädagogen mit Lehrbefähigung in evangelischer und katholischer Religionslehre. Im vorigen Schuljahr waren es 37.625, also über ein Viertel (28,6 Prozent) mehr. An Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen liegt die Lehrkräftekapazität der christlichen Religionslehrer deutlich über dem Bedarf. Ausgeglichener ist die Situation an den Gymnasien und Gesamtschulen, wo sich Bedarf und Lehrkräftekapazität nahezu decken.

Übrigens: Um der wachsenden religiösen Vielfalt gerecht zu werden, setzt die schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf wie die rot-grüne Vorgängerregierung auf den Ausbau des islamischen Bekenntnisunterrichts. Als erstes Bundesland führte NRW das Fach vor sechs Jahren ein. Seitdem erfährt es ein stetiges Wachstum – allerdings auf einem niedrigen Niveau. Zu Beginn wurde der Unterricht an 33 Grundschulen für rund 1.800 Schüler erteilt. Im vorigen Schuljahr erhielten ihn 19.400 Schüler an 234 Schulen. Das ist aber nach wie vor nur ein Bruchteil der etwa 400.000 Schüler muslimischen Glaubens in NRW.

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