Christof Haverkamp zur deutschen Verfassung

Kommentar zum Grundgesetz: Glückwunsch zum 70.!

Es besteht Anlass, die Gläser feierlich zu erheben und anzustoßen: Das Grundgesetz wird am 23. Mai 70 Jahre alt, und auch Christen können dankbar für diese Verfassung sein, meint Chefredakteur Christof Haverkamp.

 

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Auch Christen können dankbar für die deutsche Verfassung sein, meint „Kirche-und-Leben.de“-Chefredakteur Christof Haverkamp. Warum, das erläutert er in seinem Kommentar zum 70. Geburtstag des Grundgesetzes.

Es besteht Anlass, die Gläser feierlich zu erheben und anzustoßen: Das Grundgesetz wird am 23. Mai 70 Jahre alt, und auch Christen können dankbar für diese Verfassung sein. Bei der Verabschiedung 1949 lag Deutschland in Trümmern. Damals hatten Politiker wie Konrad Adenauer einen bescheidenen Anspruch: Sie wollten nur etwas Provisorisches schaffen, um die deutsche Teilung nicht zu zementieren. Doch das Grundgesetz ist stabil. Es hat funktioniert und dient heute sogar als Vorbild für junge Demokratien.

Während der Islam in vielen arabischen Ländern Staatsreligion ist, gibt es in Deutschland keine Staatsreligion. Und doch ist unsere Gesellschaft – noch – von der christlichen Botschaft geprägt. Staat und Kirche arbeiten dort aktiv zusammen, wo es zum Wohl der Menschen sinnvoll ist. Dafür steht Artikel 140 des Grundgesetzes. Das sollte so bleiben. Diese Verfassung ist religionsfreundlich, gewährt aber den Kirchen keine unberechtigten Privilegien.

 

Der Staat ist nicht das Höchste

 

Dass Gott im Grundgesetz vorkommt, hat mit der Geschichte zu tun: Die Mütter und Väter der Verfassung hatten das brutale Handeln der Nationalsozialisten persönlich erlebt und erlitten. Sie kannten zugleich die Schilderungen über kommunistische Diktaturen im Osten Europas.

Mit dem Hinweis auf Gott machte der Parlamentarische Rat deutlich: Der Staat ist nicht das Höchste – nein, da ist noch mehr, da steht eine Instanz drüber. Und menschliches Handeln kann nur begrenzt, nur vorläufig sein.

 

Keine Garantie für die Ewigkeit

 

Auch Artikel 1 des Grundgesetzes – „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – ist tief vom christlichen Menschenbild und Erfahrungen der NS-Zeit geprägt, als Menschen wegen ihrer Religion, Herkunft und politischen Einstellung inhaftiert, gefoltert, ermordet wurden.

Doch die freiheitliche Verfassung des Grundgesetzes hat keine Ewigkeits­garantie. Wer hätte noch vor wenigen Jahren gedacht, dass Großbritannien einmal die Europäische Union verlassen will? Und dass populistische Parteien in vielen Staaten Europas an die Regierung kommen würden? Daher müssen wir für das eintreten, was heute noch selbstverständlich ist: für die Demokratie und das Grundgesetz.

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