Vorwürfe gegen Gründungs-Prior

Missbrauch in evangelischer Kommunität: Mindestens acht Betroffene

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Ein Missbrauchsskandal erschüttert die evangelische Kommunität der Christusträger Bruderschaft in Hessen. Der Gründungs-Prior Otto Friedrich soll sich an mehreren Mitbrüdern in unterschiedlicher Weise vergangen haben.

In der evangelischen Kommunität der Christusträger Bruderschaft ist es viele Jahre lang zu schwerem sexuellen, geistlichem und Machtmissbrauch durch eine Leitungsperson und andere Brüder gekommen. Man könne das, was überwiegend durch den ersten Prior Otto Friedrich geschehen sei, „nur als ‚Missbrauchssystem‘ verstehen“, heißt es in einem am Donnerstag im Internet veröffentlichten Bericht einer sogenannten Spurgruppe. Das vierköpfige Gremium, bestehend aus einer Juristin, zwei Therapeuten sowie einem früheren Kirchenleitenden, hatten in den vergangenen Monaten das Geschehene untersucht. 

Die Christusträger Bruderschaft in Triefenstein (Kreis Main-Spessart) entstand Anfang der 1960er Jahre in Südhessen gemeinsam mit der heutigen Christusträger Schwesternschaft aus Offenbach.

Bericht: Prior offenbar alkoholabhängig

In dem Bericht wird der Gründer der geistlichen Gemeinschaft als charismatische Persönlichkeit und begabter Prediger beschrieben, von dem eine Faszination ausgegangen sei. Die Gesprächspartner der Spurgruppe – sie hat mit insgesamt 13 aktuellen und ehemaligen Brüdern Gespräche geführt und von zweien schriftliche Berichte erhalten – schilderten Friedrich aber auch als „launisch, jähzornig, rabiat, autoritär und unbeherrscht“.

Mehrere Gesprächspartner berichteten auch von Aufputschmittel- und Alkoholabhängigkeit des ersten Priors. Friedrich habe demnach starke narzisstische Züge gehabt und Menschen für seine Zwecke ausgenutzt.

Missbrauch von mindestens acht Mitbrüdern

Die Spurgruppe geht davon aus, dass sich der Gründungs-Prior zwischen 1963 - die Christusträger gibt es seit Anfang der 1960er Jahre, 1961 wurde ein Verein gegründet, aus dem dann die heute getrennte Bruderschaft und Schwesternschaft hervorgegangen ist – und 1995 an mindestens acht Mitbrüdern vergangen hat.

Darunter sei mindestens ein Mitbruder gewesen, der zum Tatzeitpunkt noch nicht volljährig gewesen sei. In fast allen Fällen habe es sich um nicht einvernehmliche homosexuelle Handlungen unter Männern gehandelt. Oft seien die Taten mit geistlichen Handlungen wie Abendmahlsfeiern oder Beichten zeitlich verknüpft gewesen. Spätestens nach Absetzung Friedrichs als Prior und seinem Austritt aus der Bruderschaft im Jahr 1996 waren die Missbrauchstaten innerhalb der Christusträger-Gemeinschaft ein „offenes Geheimnis“. Daran übt die Spurgruppe in ihrem Bericht scharfe Kritik.

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