Vorsitzende Psychologin Michaela Huber zweifelt an Reformbereitschaft der Kirche

Münchner Aufarbeitungskommission: Marx hat gelernt - wenn auch spät

  • Die Vorsitzende der Unabhängigen Aufarbeitungskommission für Missbrauch im Erzbistum München, Michaela Huber, hat Kardinal Reinhard Marx einen Lernprozess attestiert.
  • Zugleich zweifelt die Vorsitzende Michaela Huber an der Reformbereitschaft der Kirche.
  • In der kommenden Woche wird das Gutachten über den Umgang des Erzbistums mit Missbrauch vorgestellt.

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Die Vorsitzende der Unabhängigen Aufarbeitungskommission für sexuellen Missbrauch im Erzbistum München und Freising, Michaela Huber, hat Kardinal Reinhard Marx einen Lernprozess attestiert. Marx habe aus den Schrecken und Fehlern der Vergangenheit gelernt, nachdem er noch 2010 gedacht habe, es handle sich um Einzelfälle, sagte Huber dem "Münchner Merkur" (Freitag). Das sei keine Entschuldigung, aber eine Erklärung. Die Kommission sei überzeugt, dass das Erzbistum alles Machbare tue. "Das ist unser Eindruck. Die haben es kapiert - wenn auch sehr spät."

Die Dachauer Schulpsychologin ist dem Bericht zufolge vor gut 20 Jahren aus der Kirche ausgetreten. Das von der Deutschen Bischofskonferenz beschlossene Verfahren für Anerkennungszahlungen hält sie für fragwürdig.

Huber: Kirche ist kein eigener Kosmos

Alle Missbrauchsbetroffenen sollten einheitlich jeweils 50.000 Euro erhalten, lautet ihr Plädoyer. Manchmal habe ein nach außen hin scheinbar harmloser Übergriff jemanden komplett aus der Bahn geworfen. Deshalb könne die Schwere der Tat nicht alleiniger Maßstab sein. Außerdem müsse die Bearbeitung der Anträge mit mehr Einfühlungsvermögen und echter Seelsorge verbunden werden.

Laut Huber steht die Kirche vor einem Paradigmenwechsel. Sie müsse einsehen, "dass sie kein eigener Kosmos sein kann, der außerhalb der Gesellschaft existiert, der seine eigenen Rechte, seine eigene Justiz hat". Dies sei "nicht zeitgemäß". Zugleich zweifelt die 57-Jährige an der Reformbereitschaft der Kirche. Ein hierarchisches System von der Basis her zu verändern, sei fast unmöglich. "Das Einzige, das die Kirche tun kann, ist, dass sie sich sofort einem anderen Menschenbild verschreibt und sich oben an der Kirchenspitze etwas ändert."

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