Lastrup - wo Knecht Ruprecht auch mal draußen bleibt

Nikolaus aus Leidenschaft - was Ehrenamtliche beim Einsatz antreibt

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Wenn Peter Koopmann und Horst Geers als Nikoläuse im Einsatz sind, sollen sich alle Kinder später gerne an den Besuch erinnern. Deshalb wollen sie eines unbedingt vermeiden.

Anfangs hatte Horst Geers gezweifelt. „Ob ich das wohl kann? Als Nikolaus vor Kindern stehen und eine Geschichte erzählen?“ Zehn Jahre ist das her, dass ein Freund ihn gefragt hatte, ob er ihn vertreten könne. Seither zählt der 58-Jährige fest zum Lastruper Nikolaus-Team. Mit einem Strahlen im Gesicht sagt er: „Und ich freue mich schon auf das nächste Mal!“

In dieser Woche ist es wieder so weit. Dann werden sich Horst Geers und seine bis zu acht Nikolaus-„Kollegen“ in den Straßen des 8.000-Seelen-Dorfs im Kreis Cloppenburg erneut auf den Weg machen. Werden an Türen klingeln und sich mit oft beschlagenen Brillengläsern in warmen Wohnstuben aufstellen, um den Kindern vom heiligen Mann aus Myra zu erzählen und ein paar Geschenke zu verteilen.

Nikoläuse wollen Kindern keine Angst machen

Die Stimme verstellt Horst Geers bei seinen Hausbesuchen ebenso wenig wie Peter Koopmann, der seit 13 Jahren in Lastrup als Nikolaus „im Dienst ist“. „Wir machen den Kindern nichts vor“, betont der 51-Jährige. Auch Angstmache habe bei den Besuchen nichts verloren. Wenn er spürt, dass die Kleinen allzu aufgeregt sind, schickt er den Knecht Ruprecht auch schon mal vor die Tür.

Horst Geers weiß schließlich noch gut, wie das früher bei ihm selbst war. „Ich habe mich als kleiner Junge aus Angst unterm Sessel versteckt“, erinnert er sich. Peter Koopmann und ihm kommt es darauf an, ein positives Bild zu vermitteln. „Die Kinder sollen sich gerne daran erinnern.“

Manche Eltern haben Spickzettel vorbereitet

Ausgerechnet die Eltern stehen diesem Anliegen allerdings manchmal im Weg. Weil sie die Autorität des Mannes in Bischofsmontur für Erziehung zu nutzen versuchen. Horst Geers erinnert sich an eine Mutter, die ihm für seine kurze Ansprache einen Spickzettel mit kleinen „Sünden“ der Kinder zugesteckt hatte: dass der kleine seinen großen Bruder so oft ärgere, dass die Kinder mehr im Haushalt helfen oder besser in der Schule aufpassen sollten.

Auch Peter Koopmann kann sich an solche Situationen erinnern. Etwa an den Wunsch, Knecht Ruprecht möge mit seiner Rute doch mal kräftig auf den Tisch hauen und sich vom Jüngsten endlich den Schnuller aushändigen lassen. Wie sie mit solchen Wünschen umgehen? Die beiden Hobby-Nikoläuse sind sich einig. Freundlich und lächelnd darüber hinweggehen.

Zu Nikolaus werden Geschenke immer größer

Auf den Anmeldezetteln für die Aktion steht zum Beispiel der Tipp, ein paar Kleinigkeiten vorzubereiten, die der Nikolaus bei seinem Besuch verteilen kann. Allerdings: Bei „ein paar kleinen Gaben“ bleibt es meist nicht.

Peter Koopmann hat „richtig große Tragetaschen voller Päckchen“ vor Augen. „Das hat in den letzten Jahren deutlich überhandgenommen“, findet er und erzählt von seiner eigenen Kindheit. „Damals gab es eine kleine Tüte, da war eine Tafel Schokolade drin, vielleicht noch eine Mandarine – und das war sehr schön!“ Horst Geers nickt: „Ich frage mich immer: Was wollen die Eltern dem Kind dann wohl noch an Weihnachten schenken?“

Immer mit Reserve-Nikolaus unterwegs

Die beiden erleben aber auch das Gegenteil: Familien, die gar nichts vorbereitet haben. Zum Beispiel, weil sie zugewandert sind und ihnen die Tradition fremd ist. „Für solche Fälle haben wir als eiserne Reserve immer ein paar Schoko-Nikoläuse dabei“, sagt Peter Koopmann und betont: „Kein Kind soll leer ausgehen!“

Die Vorbereitung, die Einsätze in den Familien, der ganze Aufwand – warum tun sich die beiden das über so viele Jahre eigentlich an? Eine Frage, die Peter Koopmann kurzerhand vom Tisch wischt. „Für mich ist das kein Aufwand, für mich ist das Freude und Spaß!“ Horst Geers nickt zustimmend und schwärmt: „Am schönsten ist es für mich immer, wenn man in ein Haus hereinkommt und mit Musik empfangen wird. Zum Beispiel, wenn alle zusammen ein Nikolauslied singen.“

„Jede Familie ist anders“

Schön sei auch, dass man in so viele Häuser kommt, so viele Familien kennenlernt. „Überall ist es anders“, sagt Peter Koopmann. Horst Geers erzählt zum Beispiel von der polnischen Familie, in deren Wohnzimmer schon ab Beginn der Adventszeit der bunt geschmückte Weihnachtsbaum leuchtet und deren Kinder schon an Nikolaus riesengroße Geschenk-Pakete bekamen. Oder von der vietnamesischen Familie, wo sich der Nikolaus und seine Begleiter bei ihrem Besuch die Schuhe ausziehen sollten. „Wir sind bei unserem Besuch dann doch lieber draußen auf dem Flur geblieben“, sagt er lächelnd.

Die Lastruper Nikolaus-Teams starten ihre Aktion immer mit einer gemeinsamen Andacht. Anschließend machen sie sich auf den Weg. Peter Koopmann und sein Nikolaus-Tross gehören oft genug zu den letzten, die nach den Einsätzen wieder eintrudeln. „Manche belächeln uns zwar dafür. Aber was soll ich denn sagen, wenn ein Kind bei einem Besuch unbedingt auch noch ein Gedicht aufsagen oder ein Stück auf seiner Blockflöte spielen möchte? Da kann ich doch nicht drängeln: Ich muss weiter!“

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