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Im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes im Passionsspielhaus haben die Oberammergauer am Samstag feierlich ihr Gelübde erneuert, 2020 wieder das Spiel vom Leiden und Sterben Jesu auf die Bühne zu bringen. Das Mädchen Sophie sprach stellvertretend die entscheidenden Worte.
Der Brauch geht auf das Jahr 1633 zurück. Damals starben 84 Menschen aus dem kleinen Ort während des Dreißigjährigen Krieges an der Pest. Die Einwohner gelobten daraufhin, alle zehn Jahre die Passion Jesu aufzuführen, damit Gott der Krankheit ein Ende bereite. Der Überlieferung nach starb danach niemand mehr an der Pest.
Passionsspiel ist „keine Folklore“
Ein Muslim spielt Judas
Mit Cengiz Görür wird erstmals ein Oberammergauer Muslim mit türkischen Wurzeln eine Hauptrolle im Passionsspiel übernehmen. Er teilt sich die Rolle des Judas mit Martin Schuster, wie bei der Vorstellung der Hauptdarsteller für die Passion 2020 bekanntgegeben wurde. Wegen der zahlreichen Aufführungen sind viele Rollen doppelt besetzt. Zudem wird der türkischstämmige Muslim Abdullah Karaca, der zweiter Spielleiter ist, als Nikodemus zu sehen sein. Er teilt sich diese Rolle mit Jonas Konsec. | KNA
Der Münchner Weihbischof Wolfgang Bischof betonte, die Zusage, die Passion wiederaufzuführen, sei „keine Folklore und Gedenkveranstaltung“. Vielmehr finde hier die „Vergegenwärtigung des Heilwirkens Gottes zu jeder Zeit, auch heute und hier und jetzt“ statt. Die Oberammergauer machten deutlich, dass Gott auch heute Leben und Heil in Fülle schenke.
Die evangelische Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler würdigte den Einsatz der Mitwirkenden. Da gehe es darum, dabei sein und spielen zu wollen bei einem „Stück Weltgeschichte“. Mit Leib und Seele werde hier die Geschichte vom Leiden, Sterben und der Auferstehung Jesu erzählt: „Das Passionsspiel zeigt uns, wer wir sind, nämlich Gottes geliebte Menschen.“
Erstmals so viele Frauen wie Männer dabei
Bayerns Kunstministerin Marion Kiechle (CSU) nannte das weltweit bekannteste und größte Passionsspiel ein „Musterbeispiel für gelebte Tradition“. Sie beeindrucke das herausragende Engagement der Bevölkerung. 1.830 Einwohner hätten ihr Interesse zur Mitwirkung erklärt. „Davon – und das freut mich ganz besonders – erstmals genauso viele Frauen wie Männer.“
450.000 Besucher werden erwartet
Die 42. Oberammergauer Passionsspiele finden vom 16. Mai bis 4. Oktober 2020 statt. Zu den Aufführungen werden rund 450.000 Besucher an 103 Spieltagen erwartet, heißt es auf der Homepage der Passionsspiele.
Die Spielleitung hat zum vierten Mal Christian Stückl (56). Er hat ein völlig neues Erscheinungsbild angekündigt. „Da die Passionsspiele alle zehn Jahre stattfinden, muss ich den Text immer neu schreiben, die Geschichte neu erzählen“, sagt er laut Homepage der Passionsspiele. „Es fließen Erkenntnisse mit ein, die ich beim letzten Spiel gewonnen habe und es muss auch die jeweilige Zeit und die politischen Umstände wiederspiegeln."
Ihm zur Seite stehen erneut Stefan Hageneier, verantwortlich für Bühnenbild und Kostüme, sowie Markus Zwink für Chor und Orchester.