Gastronomen-Ehepaar überlässt den Kirchen im Dezember ihre Gelateria

Ökumene im Eiscafé: Kirchen schaffen Treffpunkt in Oelde

  • Die katholischen, evangelischen und orthodoxen Kirchengemeinden in Oelde wollten in der Stadt einen Treffpunkt anbieten.
  • Im „Café Oe“ schenken 20 Ehrenamtliche täglich in Schichten Kaffee aus und stehen für Gespräche bereit.
  • Das Ehepaar, das die Gelateria „am Dom“ betreibt, hat den Kirchen die Schlüssel überlassen - es befindet sich im Weihnachtsurlaub.

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Als „Barista“, wie der Verantwortliche an der Espressomaschine in der Gastronomie genannt wird, würde er sich nicht bezeichnen, „aber man wächst mit seinen Aufgaben“, sagt Philipp Langenkämper am Telefon lachend. Der 29-Jährige ist Pastoralreferent der Pfarrei St. Johannes Oelde. Bis zum 31. Dezember macht er aber vor allem eins: „Kaffee kochen“ - und zwar an der hochprofessionellen Maschine im Eiscafé „Molin - al Duomo“ am Oelder Marktplatz.

Dort haben die katholische und die evangelische Kirche unter Beteiligung der griechisch-orthodoxen Gemeinde ihre Zelte aufgeschlagen und betreiben den Dezember hindurch das „Café Oe“: „ ,Oe‘ steht an dieser Stelle für ökumenisch, aber auch für Oelde“, berichtet Langenkämper.

„Was ist durch Corona verloren gegangen?“

Die Idee hinter dem Angebot: „Einen unkomplizierten Treffpunkt schaffen, mit der Möglichkeit für Gespräche“, so der Pastoralreferent. Erste Planungen einer Arbeitsgruppe aus Kirchenvorstand und Seelsorgeteam seien schon im Juni gestartet mit der Frage: „Was kann Kirche für die Stadtgesellschaft tun? Was haben die Menschen in den letzten anderthalb Jahren vermisst? Was ist durch Corona verloren gegangen?“

Nach einigen Treffen war klar: „Wir wollen einen Ort schaffen, wo Begegnung und Kontakt mit anderen Leuten möglich ist.“ Mit der Idee gingen die katholischen zu den evangelischen Kollegen: „Sie waren sofort Feuer und Flamme. Wir hatten schon ein kleines Kulturangebot angedacht, mit Lesungen und Musik. Das haben wir unter den sich verschärfenden Pandemielage nicht durchgezogen. Da hat uns die vierte Welle einen Strich durch die Rechnung gemacht“, bedauert Langenkämper.

Ursprünglich war statt einer festen Räumlichkeit eine Art „Pop-Up-Store“ geplant, also ein spontanes Kaffeeangebot in der Fußgängerzone. Doch dann kam der Gedanke auf das Ehepaar Macorig, deren Eiscafé „Molin - al Duomo“ zentral am Marktplatz liegt: „Der Name heißt übersetzt ,am Dom‘, das passt ja irgendwie, auch wenn es nur unsere Pfarrkirche St. Johannes ist“, sagt Langenkämper lachend.

Unkomplizierte Zusammenarbeit

Cappuccino
Cappuccino im Treffpunkt. | Foto: Screenshot

Die Zusammenarbeit gestaltete sich unkompliziert: Das Betreiberehepaar überließ den Kirchenmitarbeitern die Schlüssel für ihr Eiscafé. Schauen sie denn regelmäßig nach dem Rechten? „Sie sind jetzt in Italien bei ihren Familien, sonst wäre das Café geschlossen.“

Mit den Kirchen wurde eine kleine Miete vereinbart. Vor dem ersten Advent fingen 40 Ehrenamtliche und sechs Hauptamtliche im Schichtdienst von 10 bis 18 Uhr im Café an: „Mittlerweile sind wir 20 Mitarbeiter“, berichtet Langenkämper, der sich mit Christian Stapel vom Kirchenvorstand St. Johannes, der evangelischen Pfarrerin Melanie Erben und Hans-Jürgen Netz vom evangelischen Presbyterium abstimmt. Ihm ist es wichtig, dass die freiwilligen Mitarbeiter Zeit für Gespräche haben. „Die Hauptamtlichen kümmern sich um die Organisation, das Kaffeekochen und Aufräumen. Wir stehen hinter der Theke.“

Wie die Begegnung läuft

Vorab habe es Gespräche mit umliegenden Gastronomen und dem Ordnungsamt gegeben: „Wir möchten keine Konkurrenz machen und schenken unsere Getränke zu ganz normalen Preisen aus.“ Hilfsbedürftige können über ein Gutscheinsystem einen Kaffee bekommen.

Und wie sieht die Begegnung mit den Gästen aus? „Gerade zu den Markttagen kommen Leute, die einfach nur bei einem Kaffee ausruhen möchten. Andere freuen sich, unter der Woche andere Gemeindemitglieder zu treffen.“

Alles unter 2G-Bedingungen, wie in der Gastronomie derzeit üblich, erläutert Langenkämper. Eine tolle Erfahrung sei einer der ersten Sonntage gewesen: „Da war um elf Uhr der evangelische Gottesdienst zu Ende, um 11.30 Uhr kamen die Orthodoxen aus ihrer Feier ins Café, um 12 Uhr dann noch die Katholiken. Das war eine nette Sache.“

Kraft tanken, Menschen treffen

Langenkämpers neueste Idee: Menschen, die Weihnachten nicht allein verbringen möchten, können sich über das Café miteinander verabreden. „Mal schauen, wie es angenommen wird.“

Er möchte das Café Oe als niedrigschwelliges Angebot vieler Mitstreiter verstanden wissen: „Wir gehen jetzt nicht in tiefe, seelsorgerische Gespräche, da hatte ich vielleicht auch zu hohe Erwartungen.“ Aber als Kraftort für alle, die von der Pandemie erschöpft sind, werde das Café Oe gut angenommen.

Nach Weihnachten hat das Café Oe in der Gelateria "Molin - al Duomo" noch bis zum 31. Dezember geöffnet, täglich von 10 bis 18 Uhr, am Montag ab 15 Uhr. Die Adresse: Ruggestraße 1, 59302 Oelde

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