Franziskus thematisiert in Bangkok Sextourismus und Kinderprostitution

Papst in Thailand: Deutliche Worte im Land der leisen Töne

Der spontane Papst aus Argentinien trifft auf zurückhaltend förmliche Thai. Teilweises Fremdeln wechselt andernorts mit Begeisterungsrufen und verhindert nicht heikle Themen. Am Ende meldet sich auch der König.

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Die vermeintlich stillen Thai können auch stimmgewaltig sein. Zwei Stunden lang wechseln sich in Bangkoks National-Stadion Pop- und Opernsänger sowie Sprechchöre angereister Gruppen ab. Die „Viva il Papa“-Rufe sind eingeübt, zu Beginn des Gottesdienstes ertönt aus 40.000 Kehlen die Thai-Version von „Tochter Zion“. Als aber der Papst das eröffnende Kreuzzeichen spricht, hört man – nichts. Erst als Franziskus verdutzt aufs Mikrofon klopft, findet der zuständige Tontechniker den richtigen Regler.

In seiner Predigt wählt der Papst, obschon er leise spricht, deutliche Töne. Es geht um die Frage, wer die wahren Geschwister Jesu sind. Zu ihnen, so das Kirchenoberhaupt, gehören etwa auch die Opfer von Sextourismus: „Jungen, Mädchen und Frauen, die der Prostitution und dem Menschenhandel ausgesetzt sind“. Sie alle „sind unsere Mütter, unsere Brüder und Schwestern“, um die es sich zu kümmern gelte. Am Morgen vor der Elite des Landes hatte Franziskus dieses für Thailand heikle Thema noch weniger explizit angesprochen.

 

Papst für Vielfalt, Regierung für Einheitlichkeit

 

Dabei war der Gast aus Rom in seiner ersten Rede vor Politikern, Diplomaten und Militärs für asiatische Verhältnisse schon recht deutlich geworden. Allein Thailand „als multikulturelle, durch Vielfalt geprägte Nation“ zu bezeichnen, läuft der Regierungslinie von national-ethnischer Einheitlichkeit zuwider. Die Führung in Bangkok möchte die 14 Prozent Chinesen im Land, die Ethnien im Norden und Osten sowie die oft muslimischen Malaien im Süden stärker assimilieren.

Der Dank, den Franziskus dem Land ausspricht für die Aufnahme von Flüchtlingen sowie für Maßnahmen gegen die Ausbeutung von Frauen und Kindern, ist zugleich eine Aufforderung, mehr zu tun. Dass der Papst aber die Wahl im März eine „Rückkehr zum normalen demokratischen Prozess“ nennt, ist geschmeichelt. Thailands Demokratie hat noch viel Luft nach oben.

 

Offiziere und weiße Soutanen

 

In seiner Begrüßung lobt Ministerpräsident General Prayut Chan-o-cha seinerseits das päpstliche Engagement für soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz sowie Menschlichkeit und listet auf, was seine Regierung in dieser Hinsicht tut. „Damit wir niemanden zurücklassen“, zitiert der General eine beliebte Wendung des Papstes.

Als Prayut den Gast morgens vor dem Government House empfängt, muss Franziskus sich noch an die landesübliche Begrüßung durch eine entgegengebrachte Verbeugung gewöhnen. Erst danach ergreift das jeweilige Gegenüber Franziskus' ausgestreckte Hand. Stets an der Seite des Pontifex ist Schwester Ana Rosa, seine dolmetschende Cousine, die seit 53 Jahren in Thailand lebt. Die offiziellen Delegationen auf dem roten Teppich bilden dieses Mal ein besonders kontrastreiches Bild: rund ein Dutzend hoher Militäroffiziere gefolgt von Kardinälen und Bischöfen in weißen Soutanen.

 

Der Papst im Buddhisten-Tempel

 

Im Wat Ratchabophit-Tempel, der zweiten Station des Tages, kontrastiert das Weiß der katholischen Gäste mit dem Safran-Orange buddhistischer Mönche. Den Tempel, 1898 in thailändisch-neugotischem Stilmix errichtet, durchweht der Duft frischer Rosensträuße, während Patriarch und Papst ihre vorbereiteten Botschaften vorlesen. Gegenüber Patriarch Ariyavongsagatanana IX., dem Oberhaupt der Buddhisten Thailands, betont das Kirchenoberhaupt, er wolle „nicht nur den Respekt, sondern auch die Freundschaft“ zwischen den Gemeinschaften wachsen lassen. Religionen könnten „Leuchttürme der Hoffnung“ sein, sagt Franziskus – „insofern sie Förderer und Garanten der Brüderlichkeit sind“.

Gleichwohl nennen Experten den religiösen Dialog in Thailand „schwierig“. Zwar genießt der Patriarch Respekt, hat aber wenig Einfluss bei den teils gespaltenen Gruppen, die auch um politischen Einfluss ringen. Einzelne Gruppen wie etwa „Buddha Essara“ gelten gar als faschistisch.

 

20 Minuten beim König

 

Ein Heimspiel bietet sich dem Papst vor dem katholischen St. Louis Hospital, in dem Franziskus noch einmal für ganzheitlichen, liebevollen Einsatz für kranke und behinderte Menschen wirbt. Knapp tausend Menschen empfangen das Kirchenoberhaupt, unter ihnen 400 aus Vietnam. Insgesamt sollen rund 4.500 Vietnamesen zum Papstbesuch angereist sein.

Vom gut 20-minütigen Besuch bei König Vajiralongkorn Rama X. am Nachmittag ist zunächst nichts zu erfahren. Über den seit drei Jahren herrschenden Monarchen gibt es nur spärliche Informationen. Am Abend dann liefert der „Royal News Channel“ als einziges Medium zehn Minuten lang Videobilder von Papst, König und Königin – und von Schwester Ana Rosa, die ihrem Cousin wieder dolmetscht. Während die königliche Nachrichtensprecherin etwas über die Geschichte der katholischen Kirche in Thailand erzählt.

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