Kurienkardinal des Missbauchs für schuldig befunden

Verurteilter Kardinal Pell in Haft und als Finanzchef entlassen

Der wegen sexuellen Missbrauchs verurteilte Kurienkardinal George Pell (77) ist in Australien in Haft genommen worden. Auch ist er nicht länger Finanzchef des Vatikans.

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Der wegen sexuellen Missbrauchs verurteilte Kurienkardinal George Pell (77) ist in Australien in Haft genommen worden. Das ordnete am Mittwoch ein Amtsgericht in Melbourne an. Es hob die Kaution auf, die Pell nach dem Schuldspruch im Dezember 2018 wegen einer Knieoperation gewährt worden war, berichten australische Medien.

Der frühere vatikanische Finanzminister war wegen Missbrauchs eines 13-Jährigen und sexueller Belästigung eines weiteren Jungen schuldig gesprochen worden. Ihm drohen bis zu 50 Jahre Haft. Das Strafmaß soll spätestens Mitte März verkündet werden.

 

Vatikan meldet Entpflichtung per Twitter

 

Am Dienstag war in Melbourne das totale Berichterstattungsverbot über den Prozess aufgehoben und das Mitte Dezember einstimmig gefällte Jury-Urteil bestätigt worden. Pell ist weltweit der ranghöchste katholische Würdenträger, der wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde. Pells Verteidiger kündigten Berufung an.

Unterdessen teilte Vatikansprecher Alessandro Gisotti auf Twitter mit, Pell sei nicht mehr Leiter des vatikanischen Wirtschaftssekretariats. Dass der Vatikan eine so wichtige Personalie auf Twitter und in englischer Sprache kommuniziert, ist ungewöhnlich.

 

Erzbischof: Werde ihn im Gefängnis besuchen

 

Die turnusmäßige Amtsdauer für vatikanische Leitungsämter beträgt fünf Jahre und muss dann vom Papst verlängert werden. Pell war im Februar 2014 von Franziskus zum Finanzchef berufen worden. Im Juni 2017 wurde er beurlaubt, um sich in Australien vor Gericht zu verantworten. Kurz nach dem Schuldspruch durch die australische Jury im Dezember entließ ihn Franziskus aus seinem Beratergremium für die Kurienreform („K9-Rat“).

Der Erzbischof von Melbourne, Peter Comensoli, betonte gegenüber australischen Medien, Pell sei weiterhin ein „guter Freund“. Er werde seinen „Lehrer“ und Vorvorgänger im Amt im Gefängnis besuchen. Comensoli fügte hinzu, er werde seine „persönliche Beziehung“ zu Pell von seiner Pflicht trennen, sich als Erzbischof „um unsere Leute und besonders um die von sexuellem Missbrauch Verletzten“ zu kümmern.

 

Opfer fällen vernichtende Urteile

 

Missbrauchsopfer und ihre Familien fällten unterdessen vernichtende Urteile. Die Eltern zweier von Priestern vergewaltigter Töchter bescheinigtem Pell einen „soziopathischen Mangel an Empathie“. Er habe sie „aggressiv schikaniert“, als sie ihm im persönlichen Gespräch über den Missbrauch ihrer Töchter berichteten, sagten sie. Eine der Töchter hatte sich 2008 mit 26 Jahren das Leben genommen. Ihre Schwester wurde alkoholabhängig und ist seit einem Autounfall schwerbehindert.

Laut australischen Medien wird Pell im Melbourne Assessment Prison inhaftiert, das drei Kilometer von Pells früherer Bischofskirche St. Patrick liegt. Dort hatte sich Pell nach Überzeugung des Gerichts an den beiden Jungen sexuell vergangen.

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