Tonnenweise Kerzenreste gesammelt

Von Ahlhorn in die Ukraine - wie Olga Kinzel Soldaten mit Licht versorgt

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Seit eineinhalb Jahren sammelt Olga Kinzel in ihrer Garage das Material für Notlampen in der Ukraine, etwa für Soldaten. Mittlerweile sind es schon neun Tonnen. Das wurde auch möglich durch Sammelkartons in Kirchen.

Die Zahlen machen den Erfolg ihrer Aktion deutlich: Vor etwas mehr als einem Jahr waren es noch etwa zwei Tonnen, inzwischen hat Olga Kinzel schon rund neun Tonnen Kerzenstummel zuerst in ihrer Garage gesammelt und dann in Richtung Ukraine weitergeleitet. Vielleicht sind es auch mehr – sie hat nicht jeden Karton einzeln wiegen können.

Sicher ist allerdings: Den Erfolg hat ihr Projekt „Kerzen für die Ukraine“ insbesondere katholischen Pfarreien aus dem oldenburgischen Teil des Bistums Münster zu verdanken. Denn in mehr als zwanzig Kirchen dort stehen Sammelkartons für Wachsreste, etwa Stummel vom Adventskranz oder Weihnachtsgestecken. „Ich bin sehr dankbar für all die Menschen, die damit helfen wollen“, sagt die Frau aus der Herz-Jesu-Gemeinde Ahlhorn (Landkreis Oldenburg). „Sie haben mir mit ihrer Solidarität so viel Hoffnung gegeben und so viel Kraft geschenkt.“

Wertvolle Hilfe für ukrainische Soldaten

Seit Ende 2022 sammelt die mit einem Deutschen verheiratete gebürtige Ukrainerin Wachsreste für ihre alte Heimat. Dort werden sie von Freiwilligen in einfache Blechdosen gegossen und mit einem simplen Pappstreifen als Docht zu Notlichtern weiterverarbeitet. „Fast jede Familie beteiligt sich am Kerzenschmelzen“, sagt Olga Kinzel. „Weil fast jede Familie ein Mitglied in der Armee hat.“ Und gerade für Soldaten seien die Notlampen eine wertvolle Hilfe.

„Sie können damit zum Beispiel Kleidung trocknen oder Essen aufwärmen.“ Bei Einsätzen hätten die Soldaten meist mehrere der Lichter in der Tasche, weiß die 46-Jährige, die auch selbst Freunde und Verwandte im Krieg hat. „Klassenkameraden zum Beispiel und meine zwei Cousins.“

Herausforderung Transport in die Ukraine

Immer wieder bringen Menschen Kartons mit Wachsresten vorbei. So füllt sich die Garage neben Olga Kinzels Wohnhaus schnell mit Nachschub. Aber genau das bedeutet für sie immer eine Herausforderung. Denn dann muss sie sich um den Transport in Richtung Ukraine kümmern.

Anfangs hat sie den auch auf eigene Kosten organisiert. Auch die Wildeshausener St.-Peter-Pfarrei hat das Projekt schon finanziell unterstützt. Und manchmal half ihr auch schon mal der Zufall. Wie kürzlich, als sie von einem Ferien-Aufenthalt ukrainischer Kinder in der Nähe ihres Wohnorts erfuhr. „Da bin ich hingefahren und habe die Busfahrer gefragt, ob sie noch Platz im Kofferraum hätten“. Olga Kinzel lächelt. „Und das klappte.“

Platz für Nachschub

Mittlerweile arbeitet sie zudem mit Organisationen zusammen, die ebenfalls die Ukraine unterstützen. Gerade erst hat ein Verein aus Köln eine Tonne Kerzenreste aus ihrer Garage abgeholt. Seit zwei Monaten hatten sich die Kerzen angesammelt. Jetzt ist wieder Platz.

In ihrem Beruf als Sozialpädagogin betreut Olga Kinzel junge Familien mit Neugeborenen. „Die Arbeit ist herausfordernd“, sagt sie. Aber genau das helfe ihr derzeit manchmal, mit der Situation klarzukommen, der Angst und den Sorgen. „Weil ich dabei oft das Kriegsgeschehen und die Not in der Ukraine vergessen kann.“ Aber ganz weg seien die Sorgen nie.

Schwankende Gefühle

„Extrem schwankend“, so beschreibt sie ihre Gefühle mit Blick auf den Kriegsverlauf. Etwa, wenn wieder mal schlechte Nachrichten aus der Ukraine kommen. „Dann verzweifelt man natürlich.“

Im vergangenen Oktober war sie noch einmal in ihrer Heimat, am Grab ihrer Mutter. „Das hat mir sehr gutgetan“, sagt sie. Weil sie bei ihrem letzten Besuch davor einen Raketeneinschlag in Luzk aus nächster Nähe erlebt hatte, am Tag des Kriegsbeginns am 24. Februar 2022. „Ich bin morgens um halb fünf von Explosionen geweckt worden.“ Seither habe sie sich in einer Art Starre gefühlt. „Weil ich dachte, es sei immer noch so ein Zustand in der Ukraine.“

Soldaten erfahren viel Unterstützung

Bei ihrem letzten Besuch im Westen des Landes war es ruhiger. Luftangriffe hat sie nicht erneut erlebt. Stattdessen, wie das Leben sich halbwegs normalisiert hatte. „Das hat mir Hoffnung gegeben.“

Besonders eine Erfahrung habe sie beeindruckt: „Dass die Menschen, denen ich in der Ukraine begegnet bin, trotz des Krieges keinen Hass entwickelt haben. Sie leben im Hier und Jetzt, freuen sich über Kleinigkeiten und helfen Soldaten, die in dieser schweren Zeit ihre Beschützer sind.“

Nach Angaben von Olga Kinzel beteiligen sich katholische Kirchengemeinden in den oldenburgischen Kirchengemeinden in Bakum, Carum, Lüsche, Vestrup, Ahlhorn, Wildeshausen, Langförden, Bühren, Vechta, Emstek, Halen, Cappeln, Höltinghausen, Lindern, Dinklage, und Cloppenburg sowie aus Wettringen und Bilk sowie die evangelischen Gemeinden in Cappeln und Emstek an dem Sammelprojekt.

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