Von alten Regeln und neuen Interpretationen

Weniger Fleisch ist auch im Kloster im Trend - aber verboten ist es nicht

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Auf Fleisch verzichten oder zumindest weniger davon essen -  das war schon lange vor dem Industriezeitalter und der neuzeitlichen Diskussion über Umweltschutz ein Thema. Auch in Klöstern. Wie wird es dort heute gehandhabt?

Weniger Fleischkonsum bedeutet mehr Schutz für die Umwelt: Denn die Produktion tierischer Lebensmittel frisst mehr Ressourcen und verursacht mehr Treibhausgase als die Herstellung pflanzlicher Kost. Jenseits ökologischer Vorgaben hat der Verzicht auf Fleisch eine lange Tradition. Mönchsvater Benedikt von Nursia (um 480-547) gab in seiner Ordensregel den Mitbrüdern auf, auf Tierisches zu verzichten. Was mal mehr und was mal weniger umgesetzt wurde oder wird. Aber die Klostertradition gewinnt neue Aktualität.

Grundsätzlich ist der Verzehr von Fleisch im Christentum nicht verboten. In der biblischen Überlieferung habe der Fleischverzicht keine tragende Bedeutung erlangt, schreibt der Theologe Hubertus Lutterbach in einem Aufsatz. Entsprechend habe auch die alte Kirche den Verzicht auf Fleisch nicht vorgeschrieben - außer vor einigen Hochfesten. In Gedenken an den Tod Jesu soll auch freitags kein Fleisch verzehrt werden.

„Vollkommen“ nur ohne Wein und Fleisch

Den entscheidenden Impuls für die Ausbreitung des Fleischverzichts unter Christen gab der im Jahr 420 gestorbene Kirchenvater Hieronymus. „Von der Zügellosigkeit, Fleisch zu essen“, lautet ein Kapitel in seinem ersten Buch. Zwar schreibe er die Fleischabstinenz nicht verbindlich vor, so Lutterbach. Aber zugleich betone der Kirchenvater: „Wenn Du vollkommen sein willst, ist es gut, keinen Wein zu trinken und kein Fleisch zu essen.“

Hieronymus schwebte vor, dass sich die Menschen wie in den paradiesischen Anfängen des Menschengeschlechts nur von dem ernähren, was der Erdboden hervorbringt - also von Pflanzen. Der Kirchenvater ging aber auch davon aus, dass Fleisch - wie auch der Wein - zur „Anregung des Geschlechtstriebs“ führe. Und trat daher entschieden dafür ein, die Leidenschaft mittels Abstinenz vom Fleischlichen zu zügeln.

Von liberalen und strengen Regeln

Die Maßgabe prägte das Klosterleben nachhaltig. „Fleisch sollen sie als Speise niemals zu sich nehmen“, heißt es etwa in der Regel des Aurelian von Arles (+551) für Nonnen. Isidor von Sevilla (+633) erlaubt immerhin, Speisen an hohen Feiertagen mit tierischem Fett zuzubereiten. Und relativ liberal kommt die Magisterregel aus der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts daher: „Von Ostern bis Pfingsten und vom Geburtsfest des Herrn bis Epiphanie wird bezüglich des Fleischgenusses Freiheit gelassen.“ Allerdings müssen die Fleisch essenden Brüder „getrennt von ihrer Zehnerschaft an eigenen Tischen sitzen“,  damit „die Lauterkeit der Entsagenden nicht befleckt erscheine“.

Mönchsvater Benedikt bestimmte Mitte des 6. Jahrhunderts: „Alle, mit Ausnahme der sehr Schwachen sowie der Kranken, sollen sich vom Fleisch der Vierfüßler enthalten.“ Im Orden wurde darum gerungen, ob Geflügel erlaubt ist. Für Hildemar von Corbie-Civate (+850) war auch Federvieh tabu, zumal dieses „doch weitaus leckerer schmecke als das Fleisch vierfüßiger Tiere“. Hrabanus Maurus dagegen meinte, Benedikt halte Geflügel nicht für schädigend - ebenso wenig wie Fische, die Christus selbst nach seiner Auferstehung gegessen habe.

Fleischverzicht in den Benediktinerklöstern nicht mehr bindend

Seit der Neuzeit wird Fleischverzicht in den Benediktinerklöstern nicht mehr als bindend verstanden, wie Novizenmeister Frank Möhler von der Abtei Münsterschwarzach erläutert. „Da hat ein Traditionsbruch stattgefunden.“ Entgegen Benedikts Vorgaben gebe es ja auch keine gemeinsamen Schlafsäle mehr. „Schon in der Regel selbst ist eine Entwicklung festzustellen, nicht mehr absolut an überkommenen asketischen Bräuchen festzuhalten, wenn man davon nicht mehr überzeugt ist“, so Pater Frank. Benedikt erlaube etwa den Genuss von Wein, obwohl dieser traditionell nicht für Mönche passe.

Die Missionsbenediktinerin Aquinata Böckmann versteht Benedikts Maßgaben heute als Aufruf, genügsam zu leben und ein Übermaß zu vermeiden. In ihrem Kommentar zur Benedikt-Regel verweist sie auf das aktuelle Kernanliegen, die Schöpfung zu bewahren.

Bei den Brüdern wächst das Öko- und Klimabewusstsein

In Münsterschwarzach wird gemäß der klösterlichen Tradition mittwochs und freitags auf Fleisch verzichtet, inzwischen aber auch montagmittags. Wenn Fleischgerichte auf den Tisch kommen, wird alternativ auch Vegetarisches angeboten. „Weniger Fleisch ist auch im Kloster der Trend“, so Pater Frank. Als Betreiberin einer Metzgerei versuche die Abtei auch, durch regionale Qualität und eigene Rindermast einer „Verbilligung„und „Veralltäglichung“ von Fleischprodukten entgegenzuwirken.

Die Benediktiner in Ottobeuren bekommen dasselbe Essen wie die Besucher ihres Gäste- und Tagungshauses - und damit mehrmals in der Woche Fleisch. „Andererseits wächst auch bei unseren Mitbrüdern das Öko- und Klimabewusstsein, so dass ich mir gut vorstellen könnte, das Thema Ernährung im Konvent genauer zu reflektieren“, so Abt Johannes Schaber.

Die Benediktiner der Abtei Maria Laach in der Eifel essen an drei Tagen pro Woche fleischlos, so Prior-Administrator Petrus Nowack. In Kornelimünster bei Aachen ernähren sich die fünf Mitbrüder jeden Wochentag vegetarisch. Das habe ein von der Katholischen Jungen Gemeinde geprägter Mitbruder vor sechs Jahre angeregt, so Prior Oliver. „Wir wollen nachhaltiger leben.“

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