Eindringliche Appelle von Bundespräsident Steinmeier und ZdK-Präsident Sternberg

18.000 Friedenssucher bei Katholikentags-Eröffnung

Der 101. Katholikentag ist eröffnet! Rund 18.000 Menschen aus ganz Deutschland nahmen an der Feier auf dem Domplatz teil - darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, ZdK-Präsident Thomas Sternberg und Bischof Felix Genn.

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Niemand hätte gedacht, dass das Motto „Suche Frieden“ des 101. Deutschen Katholikentags eine solche Aktualität und Brisanz bekommen sollte. „Das Motto wurde vor langer Zeit erdacht. Jetzt trifft es die Lage wie kein anderes“, brachte es der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (CDU), bei der Eröffnung auf dem Domplatz auf den Punkt. Die Welt sei angesichts von Kriegen und Unfrieden „aus den Fugen geraten“, sagte Laschet. „Und Regierungschefs säen per Tweet Spaltung.“

Tosender Beifall der rund 18.000 Christinnen und Christen, die zur Auftakt-Veranstaltung gekommen waren, zeigte, dass hier ein Nerv getroffen war. „Suche Frieden“ – das Leitwort des Katholikentags wurde konkret, bekam nicht nur persönliche, sondern politische Dimensionen.

 

Steinmeier kritisiert USA

 


Im Eröffnungsvideo zum Katholikentag wird die Gastgeberstadt und das Motto „Suche Frieden“ vorgestellt. Das Video entstand in der Medienagentur „kampanile“, die genau wie „Kirche-und-Leben.de“ Teil der „Dialog-Medien und Emmaus-Reisen GmbH“ ist. | Video: kampanile

Das machte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sehr konkret an aktuellen Beispielen deutlich. Als „schweren Rückschlag“ für die Friedens-Diplomatie bezeichnete er den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran. Ein langfristiger Friede im Mittleren Osten sei mit der Entscheidung des amerikanischen Präsidenten „nicht wahrscheinlicher geworden“. Steinmeier kritisierte auch den sogenannten „Kreuz-Erlass“ in Bayern: „Christliche Symbole wie das Kreuz sind in unserem Land im öffentlichen Raum vielfach selbstverständlich. Aber wir wissen auch: Was sonntags in den Gottesdiensten fehlt, kann das Kreuz im Behördengang nicht füllen.“

Tausendfachen Beifall, der nicht enden wollte, erhielt Steinmeier für seinen Appell „als bekennender evangelischer Christ, der in einer konfessionsverschiedenen Ehe lebt“, an die Verantwortlichen in den Kirchen: „Ich bitte um die Offenheit für weiteres ökumenisches Zusammenwachsen. Lassen Sie uns Wege suchen, den gemeinsamen christlichen Glauben auch durch gemeinsame Teilnahme an Abendmahl und Kommunion zum Ausdruck zu bringen.“ Er sei sicher: „Abertausende Christen in konfessionsverschiedenen Ehen hoffen darauf.“

 

Sternberg: Wir wollen Frieden für alle

 

Neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nahmen viele Prominente aus Politik und Kirche an der Eröffnung teil. | Foto: Michael BönteProminente Eröffnung (von links). NRW-Ministerpäsident Armin Laschet, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit seiner Ehefrau Elke Büdenbender, ZdK-Präsident Thomas Sternberg mit seiner Ehefrau, Bischof Felix Genn. | Foto: Michael Bönte

Auf die Suche nach Frieden gerade auch in Deutschland ging Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), ein. „Wir wollen Frieden nicht nur für die Mehrheitsgesellschaft, sondern für alle – auch für Menschen anderen Glaubens, auch für Menschen, die als Flüchtlinge zu uns gekommen sind, für Arme und sozial Benachteiligte, für kranke Menschen, für Menschen mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigung, für alte und für sterbende Menschen genauso wie für die Ungeborenen.“

Mit „Pax, Shalom und Salam“ hatte er die vielen Tausend begrüßt. Mit den entsprechenden Worten für „Frieden“ im Christentum, Judentum und im Islam setzte er damit bereits ein deutliches Zeichen für Toleranz gegenüber Angehörigen anderer Religionen und Weltanschauungen – wie es bereits am Tag zuvor im „Münsteraner Manifest“ des ZdK deutlich geworden war.

 

Populisten nein, Kardinal von Galen ja

 

Mit deutlichen Worten wandte sich Sternberg gegen populistische Tendenzen – auch wenn er die wohl angesprochene AfD nicht ausdrücklich nannte: „Heulen wir mit den Wölfen, die mit populistischen Phrasen Ausgrenzung betreiben und Missgunst säen? Oder fallen wir ihnen in den Arm, wenn sie ihre Brandfackeln auf alles Fremde schleudern?“ Christen hätten einen Maßstab, den sie nicht zur Seite legen könnten, ohne den Glauben zu verleugnen.

Wiederum unausgesprochen an die Adresse der AfD gerichtet, rief Sternberg den Tausenden auf dem Domplatz zu: „Auch denen, die im Bundestag Fragen stellen zu Behinderten und Kranken und dabei fremdenfeindliche und menschenverachtende Botschaften mittransportieren: In der Stadt des unerschrockenen seligen Bischofs von Galen stellen wir uns gegen jede Diskriminierung. Das werden wir nicht zulassen!“

 

Papst Franziskus: Kein wichtigeres Thema

 

Papst Franziskus erinnerte in seinem Grußwort an den Psalm 34, dem das Motto des Katholikentags entnommen ist: „Meide das Böse und tu das Gute, suche Frieden und jage ihm nach!“ – „Es ist ein Imperativ und ein brandaktueller Hilferuf“, schreibt der Papst in seiner Botschaft, die der Päpstliche Nuntius, Erzbischof Nicola Eterovic, verlas. Derzeit gebe es kein wichtigeres Thema in der öffentlichen Debatte über Religion als das Problem von Fanatismus und Gewaltbereitschaft.

Begeisterung bei den Teilnehmern auf dem Domplatz. | Foto: Michael BönteBegeisterung bei den Teilnehmern auf dem Domplatz. | Foto: Michael Bönte

Für die junge Generation sprach die Theologin Sophia Dohle, Münster. Ausgehend vom oft bemühten Symbol der Friedenstaube machte sie deutlich, „dass Frieden konkret und wahrhaftig wird, wenn er nicht in Symbolen erstarrt, sondern zur Tat wird. „Ich wünsche mir, dass die Suchfreude einer jungen Generation anstecken und Mut machen kann. Wenn Menschen miteinander sprächen, könne Frieden werden: „Genau das wünsche ich mir für diesen Katholikentag!“

Diese Hoffnung drückte auch Bischof Felix Genn aus, der als Gastgeber die 18.000 begrüßte. Das Leitwort sei angesichts der Weltlage mit Kriegen und Frieden äußerst passend gesetzt, sagte er. Genn rief auch zur Friedenssuche im näheren Umfeld auf und hoffte, „dass in unseren Gemeinden friedliche Wege in die Zukunft gesucht werden“. Notburga Heveling, Vorsitzende des Diözesankomitees der Katholiken im Bistum Münster, freute sich die Aufbruchsstimmung im Vorfeld des großen Christentreffens, die Laien wesentlich mitgeprägt hätten: „Wir sind Katholikentag!“

Ermutigende, freudige Signale sandte nicht zuletzt die Musik: Schwungvoll präsentierten sich der Große Chor des Gymnasiums Paulinum Münster und der Chor „Piano 22/30.“ Unter der Gesamtleitung von Anselm Thissen ließen sich die 18.000 anstecken. Von Lied zu Lied wurde der Gesang lauter: „Unter einem großen Himmel leben wir, gestalten wir.“ Dazu bietet der Katholikentag unzählige Möglichkeiten.

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