„Kirche+Leben“-Podium zur Rolle der Medien

Gegen Hassmails und Shitstorms: Digitale Zivilcourage gefordert

Forderungen nach einer „digitalen Zivilcourage“ in Deutschland sind auf einem Podium zum Thema „Journalismus in Zeiten von Hassmails und Shitstorm“ erhoben worden.

 

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Forderungen nach einer „digitalen Zivilcourage“ in Deutschland sind auf einem Podium zum Thema „Journalismus in Zeiten von Hassmails und Shitstorm“ laut geworden, das von „Kirche+Leben“ organisiert worden war.

Hannes Ley, ehrenamtlicher Gründer der Facebook-Gruppe #ichbinhier gegen Hass, meinte, es gebe zu wenig Initiative gegen polemische Kommentare auf Facebook. Nach seiner Einschätzung sind Shitstorms im Internet sehr gesteuert. Oft würden Likes künstlich eingekauft. Dass sich 38.000 Menschen in der Facebook-Gruppe #ichbinhier gegen Hass einsetzten, reiche nicht aus. Es gebe zu wenig digitale Zivilcourage in Deutschland. Vieles, was in den Kommentarspalten erscheine, „ist unter aller Sau“. Die Gruppe #ichbinhier gegen Hass habe mit ihrem Bemühen um Versachlichung einen positiven Shitstorm in die Wege geleitet.

 

„Tagesschau“-Chef: Hassmails stammen nur von einer Minderheit

 

ARD-aktuell Chefredakteur Kai Gniffke, zuständig für die „Tagesschau“, geht davon aus, dass unsachliche Beiträge  in den sozialen Medien nur von einer Minderheit stammten. Viele Nutzer äußerten ihre radikalen Ansichten mit Klarnamen. Es sei eine Gratwanderung, zu überlegen, wann eine Redaktion einschreite und wann sie die Äußerungen so stehen lasse. Schließlich wolle man sich nicht dem Vorwurf der Zensur aussetzen. Grundsätzlich sei es ein Zeichen von Medienkompetenz, wenn Journalisten auch kritisiert würden.

Der Bonner Politikwissenschaftler Andreas Püttmann erklärte in einem Impulsreferat, die Wahrheit zu recherchieren und Fakenews zu korrigieren, brauche Zeit. Daher sei jemand, der Fakenews verbreite, strukturell im Vorteil. Im Kampf für die Demokratie komme dem Journalismus eine Schlüsselrolle zu.

 

Püttmann: Kaum Bischofsworte zum „katholischen Kloakenjournalismus"

 

Shitstorms von radikalen Konservativen gebe es auch in der Kirche. Püttmann sprach von einem „katholischen Kloakenjournalismus, der sich in der Pose der Glaubensverkündigung gefalle“. Kritisch merkte er an, zu dieser Art des Journalismus sei fast nie ein bischöfliches Wort zu hören.

„Wir haben im Netz noch keinen Goldschnitt“, sagte Joachim Frank, Chefkorrespondent der Mediengruppe DuMont, zu der auch der „Kölner Stadtanzeiger“ gehört. Vor der Zeit des Internets hätten Menschen bei der Qualität und Seriosität zwischen Beiträgen in einem Lexikon mit Goldschnitt und einem auf Matritzen gedruckten Flugblatt unterscheiden können, dies gebe es noch nicht.

Moderatorin Claudia Nothelle erklärte in ihrem Schlusswort, es sei möglich, in einer vernünftigen Sprache miteinander zu diskutieren. Die Kirche müsse an der Seite der Opfer der Hetze stehen.

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