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An einem Sonntag im Jahr stößt Pfarrer Norbert Happe gern mit einem Bierchen auf den Patron seiner Pfarrei an - und das zwischen Kettenkarussell und Autoscooter. Warum, erklärt er in seiner Auslegung der Sonntagslesungen.
Immer nach dem Fest der Geburt unseres Pfarrpatrons, des heiligen Johannes des Täufers am 24. Juni, haben wir in unserer Gemeinde Kirmes. Da kommen alle zusammen und vergnügen sich in dem Trubel: feiern, sich mit Freunden treffen, in Karussells Runden drehen, sich über die fröhlichen Kinder freuen und sich dem unbeschwerten Treiben hingeben.
Da möchte ich allen zurufen: All das lebendige Treiben gibt es, weil es das Fest unseres Pfarrpatrons gibt. Nur wissen es die meisten nicht mehr. Und, wenn doch, würde das jemanden wirklich interessieren? Wenn man es erwähnt, erntet man vielleicht einen verständnislosen Blick, ein Zucken mit den Achseln – und dann würden sich alle wieder der Kirmes hingeben.
Die Verwirrung ist komplett
Die Lesungen vom 14. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C) zum Hören.
Ich möchte ihnen am liebsten noch mal zurufen: „Schaut doch, wie herrlich das hier ist, so viele Menschen, so viel Freude, so viel Ausgelassenheit! Das Reich Gottes, der Himmel, ist hier so nahe.” Dann würden sie vielleicht überrascht fragen: „Der Himmel? Das hört sich doch nach Tod, nach Jenseits an.” Die Verwirrung ist komplett, wenn es im Evangelium heißt: „Ich sah den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel fallen.” Fallrichtung also vom Himmel zur Erde, von oben nach unten.
Aber, was ist, wenn der Himmel gar nicht da oben und nicht mal ein Ort ist, sondern eher eine Handlungsanweisung? Wenn Himmel also ein Tuwort ist und ausdrückt, was dem anderen zu tun ist, damit der Himmel sichtbar wird? Wo kommt denn dann der Satan her?
Wenn der Teufel aus dem Himmel fällt
Der Satan symbolisiert das personifizierte Böse, also hier das, was Gemeinschaft, was Himmel zerstört. Wenn der aus dem Himmel fällt, könnte das doch heißen, dass da zwischenmenschlich etwas in die Brüche gegangen ist. Vielleicht, so lässt uns Paulus vermuten, weil da Grenzen gezogen werden, die das Miteinander zerstören.
Jesus zeigt aber deutlich in seinem auf Erden Erlebten, was Himmel meint. Die Menschen misshandeln ihn, schlagen ihm Wunden. Das heißt: Der Satan stürzt aus dem Himmel. Das Böse wird sichtbar, das Kreuz macht das Handeln der Menschen offensichtlich, führt weg vom Himmel, führt hin zum Tod und ins Verderben. Der Himmel, den Jesus offen sieht, bricht durch das Leid, das Menschen sich antun, zusammen. Das Böse, das Menschen tun oder zulassen, verschließt den Himmel und verlegt ihn ins Jenseits.
Der Autor
Nehmen wir noch einmal den Grund unserer Kirmes in den Blick. Auch das Geburtsfest unseres Pfarrpatrons schenkt Menschen einen neuen Blick auf den Himmel, denn die Eltern des Johannes waren alt, seine Mutter Elisabeth galt zudem als unfruchtbar. Nach menschlichem Ermessen war da nichts mehr zu machen. Aber Leben wird auch im Unmöglichen möglich. Das meint Jesaja in der für uns wohl merkwürdig formulierten Verheißung: „Ihr werdet das sehen und Euer Herz wird jubeln und Eure Knochen werden sprossen wie frisches Grün.” Eine Heilszusage, die sich in der Geburt des Johannes erfüllt. Sein Leben wird möglich, weil Gott das Leben will. Leben, das stärker ist als aller Tod.
Wo der Himmel zu sehen ist
So lautet die Botschaft der ausgesandten Jünger: Schaut nicht nach oben und sucht dort den Himmel und denkt nicht an ein Jenseits, wenn vom Himmel gesprochen wird. Wenn Menschen also beim Wort Himmel nicht nach oben schauen, sondern auf den Menschen, dann wird Himmel sichtbar. Menschen können einander das Leben zur Hölle machen. Aber wenn sie sich füreinander einsetzten und füreinander eintreten, dann kann das Leben für alle zum Himmel werden.
Handeln, damit das Leben zum Himmel wird, das hört sich ungewohnt an, ist aber die Idee des ganzen christlichen Miteinanders. Lukas weiß um die Wölfe, die reißen wollen, weiß aber auch um die Kraft des Zeugnisses, das dem widerstehen kann. Lukas weiß um die Kraft der Friedfertigen und um die Kraft der Botschaft, die den Himmel in den Blick rückt.
Bier und Bibel
Daran sollten sich alle erinnern, wenn im Ort Kirmes gefeiert wird. Denn: auch wenn viele das nicht wissen und bei Eis oder Bier nicht viel darüber nachdenken: Wo Menschen glücklich und zufrieden sind, da ist sichtbar, was in der Bibel, in den Reden Jesu, das Reich Gottes oder auch Himmel genannt wird.
Und das findet mitten im Leben statt. Auch auf der Kirmes, auf der ich einfach so Menschen einlade, mit mir auf den Geburtstag unseres Pfarrpatrons anzustoßen. Kirmes – wenn nur immer alle wüssten, worum es da geht, inmitten der Karussells, Bierwagen und Würstchenbuden, die manchmal eben auf ihre Weise auch dieses Gefühl vermitteln: himmlisch!
Sämtliche Texte der Lesungen vom 14. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C) finden Sie hier.