Florian Schulz aus Ostbevern fragt: Kann man mit Gott verhandeln?

Auslegung der Lesungen vom 17. Sonntag im Jahreskreis (C)

Wie kann man mit Gott sprechen? Kann man mit ihm handeln? Abraham feilscht mit ihm, Jesus setzt auf einen anderen Weg. Florian Schulz aus Ostbevern legt die Lesungen dieses sonntags aus.

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Wie kann man mit Gott sprechen? Kann man mit ihm handeln? Abraham feilscht mit ihm, Jesus setzt auf einen anderen Weg. Florian Schulz aus Ostbevern legt die Lesungen dieses sonntags aus.

Wer schon einmal im Orient war, der kennt das Verhandeln, das Feilschen auf dem Markt oder Basar. Für uns Deutsche ist das Feilschen eher ungewohnt, mitunter beängstigend oder es wird auch als sehr unangenehm, weil aufdringlich, empfunden.

Die Lesungen vom 17. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C) zum Hören finden Sie hier.

Dabei gehört es zum Leben im Orient dazu. Das Feilschen ist nicht nur ökonomisch ein wichtiger Prozess, nein, auch in der Beziehung miteinander ist es wichtig. Ein Spaß und Spiel, um den anderen kennenzulernen und ein Verhältnis zueinander aufzubauen, die Beziehung zu vertiefen. Auch Freunde und langjährige Geschäftspartner machen dies. Die Verkäufer neigen dabei dazu, die Höhe des Ausgangspreises und die Verhandlungsstrategie am Eindruck, den sie vom Gegenüber bekommen haben, zu orientieren.

 

Darf man mit Gott handeln?

 

Abraham feilscht mit Gott, das können wir heute lesen. Eigentlich unerhört und es mutet seltsam an. Mit dem Allmächtigen verhandeln, darf man das? Kann man das?

Abraham kann es und macht es. Dabei scheint es ein höchst logischer Schritt in der Beziehung zwischen Abraham und Gott. Gott hat Abraham immer wieder Aufgaben gegeben und ihm im hohen Alter die Zusage gegeben, dass er noch einen Sohn mit Sarah bekommen werde. Aus diesen Eindrücken heraus fängt Abraham an, mit Gott über das Schicksal Sodoms zu verhandeln. Er taxiert einen ersten Preis und verhandelt nach, bis er schließlich Gott ein „gutes Angebot“ abgerungen hat. Daraus ist auch erkennbar, dass Abraham inzwischen eine tiefe und gute Beziehung zu Gott hat, dass er ihn gut zu kennen scheint. Denn er setzt ja vertrauensvoll auf die Güte Gottes.

 

Wie Jesus zu Gott betet

 

Über unsere eigene Beziehung zu Gott nachzudenken und diese zu vertiefen, dazu lädt uns das Evangelium ein. Für unsere Ohren etwas ungewohnt hören wir den Text des Vaterunsers in der Version von Lukas. Anscheinend war mindestens einer der Jünger so angetan von der Art, wie Jesus betet, von der Art seiner Beziehung zu Gott, dass er ihn bittet: „Lehre uns beten.“ Lehre uns, mit Gott zu sprechen, so wie du es machst. Dieses Vaterunser ist ein Gebet, das von Vertrauen, Zuneigung und dem Lebenswichtigem spricht. Es spricht nicht von einem unnahbaren Gott, sondern ganz zärtlich von „Abba“, von „Papa“. Es gibt kaum ein schöneres Wort, das ein Vater von seinem Kind hören kann, wenn es anfängt zu reden. Papa, darin steckt Grundvertrauen, Liebe und Sehnsucht. Als Papa angesprochen zu werden, bewirkt, dass man alles stehen und liegen lässt und für sein Kind da sein will. Genauso wie es die Mütter empfinden, wenn sie den Ruf „Mama“ hören.

Die folgenden Bitten nehmen den Alltag ganz substanziell in den Blick. Die Bitte um das, was wir Tag für Tag zum Leben brauchen; die Nahrung. Die Bitte um das, was wir für ein gutes Leben brauchen; das Miteinander mit den Mitmenschen und mit Gott. Und die Bitte darum, wenn unser Leben auf der Kippe steht, sich von Gott begleitet und geführt zu wissen.

 

Beziehung auf anderem Niveau

 

Der Autor
Florian Schulz
Florian Schulz ist Pastoralreferent in der Pfarrei St. Ambrosius Ostbevern.| Foto: Klaus Brandes (Pfarrei St. Ambrosius Ostbevern)

Jesus lädt uns ein, durch dieses Gebet die Beziehung zu Gott auf ein anderes Niveau zu heben und zu Jesu Schwestern und Brüdern und zu Gotteskindern zu werden. Zu Betenden, die nicht mehr verhandeln müssen, sondern frei und vertrauensvoll, so wie Kinder, sich an Gott Vater wenden dürfen.

Auch bei Paulus wird das noch einmal bestätigt: Durch Gottes Wirken an und durch Jesus Christus sind wir befreit und erlöst. In dieser Freiheit sind wir eingeladen, eine vertrauensvolle Beziehung, die nicht an Bedingungen geknüpft ist, zu Gott aufzubauen.

In einer Schrift aus der frühen Kirche, der „Didache“ oder der „12-Apostel-Lehre“ heißt es, dass die Christen dreimal täglich das Vater Unser beten sollen, da es das Wesentlichste der Gottesbeziehung eines Menschen bündelt und auf den Punkt bringt. Insofern sind wir an diesem Sonntag, aber auch an allen anderen Tagen, eingeladen, ganz bewusst, vielleicht auch mehrfach, das Vater Unser zu beten und uns Gott, der Vater und Mutter für uns sein will, mit unserem Leben anzuvertrauen.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 17. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C) finden Sie hier.

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