Carolin Wessels über einen krassen Typ mit riesigem Fanclub

Auslegung der Lesungen vom Fest der Geburt Johannes des Täufers

Johannes der Täufer ist radikal und anders. Er hat eine ganze Menge Fans. Und doch nimmt er sich zurück und weist auf jemanden Anderes hin. „Könnte ich das?“, fragt Pastoralreferentin Carolin Wessels sich - und uns.

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Johannes der Täufer ist radikal und anders. Er hat eine ganze Menge Fans. Und doch nimmt er sich zurück und weist auf jemanden Anderes hin. „Könnte ich das?“, fragt Pastoralreferentin Carolin Wessels sich - und uns.

Freuen Sie sich auch, wenn Dinge nach Plan laufen? – Ein Plan vieler junger Paare ist, damals wie heute, die Familiengründung. Selbst wenn die Lebensentwürfe der Menschen heute etwas anders aussehen als noch vor 30 oder 2000 Jahren, spielt der Kinderwunsch bei vielen Paaren eine große Rolle. Wenn die Schwangerschaft ausbleibt, kann das zu Trauer und Enttäuschung führen.

Auch Elisabeth und Zacharias hatten damit zu kämpfen. Sie haben sich Kinder gewünscht, doch lange ging dieser Wunsch nicht in Erfüllung. Sie mussten sich mit einem anderen Leben arrangieren als dem, das sie sich vorgestellt hatten. Dann wird Elisabet doch schwanger – völlig unerwartet.

 

Ein beeindruckender Mensch

 

Die Überraschung ist so groß, dass Zacharias die Sprache verliert. Die Schwangerschaft im hohen Alter der Eltern kam unerwartet. Wir wissen aus biblischen Erzählungen, dass die Freude über dieses Kind groß war. Es zeichnete sich schon vor der Geburt ab, dass Johannes ein besonderer Mensch werden würde. Aber ob die Eltern sich das Leben ihres Sohnes so vorgestellt hatten?

Für mich ist Johannes ein beeindruckender und ziemlich krasser Typ! Schon kurz nach seiner Geburt wird er Auslöser für einen Bruch mit Traditionen und Erwartungen. Er wird nicht nach seinem Vater benannt, da sind sich seine Eltern einig – und versetzen dadurch alle Anwesenden in Staunen. Damit hatte niemand gerechnet. „Was wird wohl aus diesem Kind werden?“, fragen sie sich.

 

Wegbereiter für Jesus

 

Wir kennen bereits die Antwort: Johannes wird zum Wegbereiter für Jesus Christus. Er wird zum Propheten, der Jesus persönlich kennen lernt und ihn sogar tauft. Sein ganzes Leben ist auf ihn hin ausgerichtet. Er fällt durch seinen markanten Lebensstil auf: kein Alkohol, dafür Heuschrecken und wilder Honig als Nahrung. Er lebt in der Wüste – freiwillig!

Die Autorin
Carolin Wessels ist Pastoralreferentin in der Pfarrei Seliger Niels Stensen Lengerich.

Komischer Kauz! Johannes ist radikal und anders. Aber er zieht die Menschen an und erreicht eine hohe Beliebtheit. Die Menschen kommen aus den unterschiedlichen Gegenden, um sich von ihm taufen zu lassen. Er hat bald einen großen Fan-Club, den er zur Umkehr aufruft. Er verkündet ihnen, dass eine neue Zeit anbrechen wird. Eigentlich beginnt sie schon mit Johannes selbst – doch davon spricht er nicht.

 

Heute würde Johannes Stadien füllen

 

Mich beeindruckt die Bescheidenheit dieses Mannes. Große Menschenmengen strömen zu ihm, um sich taufen zu lassen und um seinen Worten zu lauschen. Heute würde er vermutlich viele Stadien oder Konzertsäle füllen, tausende Klicks auf Youtube haben und in jeder Zeitung stehen. Doch er rühmt sich nicht selber oder setzt sich in Szene, sondern weist immer auf Jesus hin: „Nach mir kommt einer, dem die Sandalen von den Füßen zu lösen ich nicht wert bin.“ Er macht sich selber klein, obwohl er Großes bewirkt. Schließlich folgen seine Anhänger später Jesus.

Könnte ich mich zurücknehmen, wenn ich berühmt wäre? Könnten Sie das? Und sind wir auch ohne Berühmtheit bescheiden in dem, was wir tun und bewirken? Es ist ein gutes Gefühl, angesehen und beliebt zu sein. Will man das denn aufs Spiel setzen, indem man gegen die gesellschaftliche Norm verstößt oder Themen anspricht, die „uncool“ erscheinen? Haben wir den Mut, außerhalb der kirchlichen Räume frei und offen über Jesus und unseren Glauben zu sprechen? Oder haben wir Angst, unsere Beliebtheit zu verlieren?

 

Worte der Propheten fordern heraus

 

Ein Prophet zu sein, ist nicht leicht. Es fordert nicht nur Bescheidenheit, sondern auch Mut und Radikalität, jedoch ohne im Fanatismus oder Krieg zu enden! Bei Jesaja lesen wir von einem Mund wie einem scharfen Schwert und dem Vergleich des Propheten mit einem spitzen Pfeil.

Die Botschaften der Propheten sind eben keine Gute-Nacht-Geschichten, sondern fordern die Hörer damals wie uns heute heraus. Es gilt auf Missstände aufmerksam zu machen, zu Umkehr und Veränderung aufzurufen und gleichzeitig Hoffnung auf Neubeginn zu geben.
Veränderung? Bitte nicht!

 

Das eigene Leben überdenken

 

Manchmal sehnen wir Veränderungen herbei. Umbrüche gefallen uns aber nicht immer. Wenn ich einen Plan habe, möchte ich ihn umsetzen. Wenn etwas dazwischen kommt, bin ich enttäuscht, vielleicht sogar genervt. Auch mit Blick auf das Leben in unseren Gemeinden fallen mir Situationen ein, in denen Veränderungen und Neuanfänge nicht gewünscht sind. Wir trennen uns ungern von Traditionen und Altbewährtem. Aber wenn wir auf Johannes hören, müssen auch wir unser Leben überdenken.

Manche Umkehr ist gut und notwendig. Durch Jesus Christus und seinen Kreuzestod wurde alles umgedreht. Der augenscheinliche Verlierer am Kreuz wird zum Sieger über den Tod. Wenn das kein Grund ist, ihn zu verkünden wie Johannes es schon getan hat!

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